Drei antisemitische Pamphlete des französischen Schriftstellers Louis-Ferdinand Céline aus den dreißiger Jahren werden nun doch nicht neu aufgelegt.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Paris - Nach großer öffentlichen Empörung hat sich der französische Verlag Gallimard nun doch gegen eine Neuausgabe von drei judenfeindlichen Pamphleten des französischen Schriftstellers Louis-Ferdinand Céline entschieden. Angehörige von Holocaust-Opfern hatten dagegen protestiert, der Rechtsanwalt und Aktivist Serge Klarsfeld hatte gefordert, die Produktion zu stoppen. In der Schrift „Bagatelles pour un massacre“ („Kleinigkeiten für ein Massaker“) aus dem Jahr 1937, äußert Céline etwa die Überzeugung, Frankreich sei vollständig in jüdischer Hand, Hollywood ebenso, die Juden wollten den Krieg und strebten nach der Weltherrschaft. Mit einer Offenlegung dieser abstoßenden Dokumente eines infamen französischen Judenhasses wollte Gallimard einer Mystifikation des Autors entgegentreten und wurde in diesem Vorhaben auch von dem französischen Premier Édouard Philippe unterstützt.

 

Abstoßende Gedankenwildnis

Bisweilen werden die wirren Hasstiraden des 1894 geborenen Autors auf eine Kopfverletzung zurückgeführt, die er sich im ersten Weltkrieg zugezogen haben soll. Zweifellos war Céline ein Ekel: ein geifernder Antisemit, Rassist und Hitler-Anhänger. Gemessen an der grassierenden Bereitschaft, Künstler wegen ihres amoralischen Verhaltens aus dem Gedächtnis zu streichen, müsste er längst tiefster Vergessenheit anheim gefallen sein. Dummerweise stammt von ihm einer der wichtigsten französischen Romane des letzten Jahrhunderts. Seine „Reise ans Ende der Nacht“ aus dem Jahr 1932 erzählt in einer hochexpressiven Prosa von der Seelen-Odyssee eines Arztes durch den Ersten Weltkrieg, psychiatrische Kliniken, französische Kolonien. Der Roman ist ein in seiner Radikalität alles überragendes Monument der Zivilisationskritik. In seinem Schatten blühen die wüsten antisemtischen Pamphlete. Fragt sich, ob es die richtige Lösung ist, diese abstoßende Gedankenwildnis der Öffentlichkeit zu verschließen.