Die AfD zweifelt an der Kompetenz des baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragten Michael Blume und baut Druck auf ihn auf. Dieser reagiert gelassen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Die AfD hat offenbar Zweifel an der Kompetenz des baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragten Michael Blume. Diese formulierte die AfD-Fraktion im Landtag in einer kleinen Anfrage an die Landesregierung. Demnach habe Blume sich öffentlich zu angeblichen rechtsextremen Netzwerken in baden-württembergischen Sicherheitsbehörden und der Justiz geäußert, ohne für deren Existenz einen Nachweis erbracht zu haben.

 

Die Anfrage selbst liest sich streckenweise etwas ironisch. „In welchen Behörden oder sonstigen staatlichen Strukturen haben sich diese Netzwerke bis auf welche jeweiligen Ebenen ausgebreitet?“, heißt es da, um dann direkt von den „tatsächlichen Vorkommnissen“ zu sprechen. Und teilweise ironisch ist die Anfrage auch gemeint. „Blume äußert sich zu Themen, die nicht in sein Geschäftsfeld fallen“, sagt der Antragsteller und AfD-Abgeordnete Emil Sänze. Die Partei beobachte Blume schon länger und man müsse sich fragen, ob er seinen Aufgaben gewachsen sei. „Er ist ungeeignet für den Job“, sagt Sänze.

„Aussage in der Verdichtung gibt es nicht“

Außerdem bezweifelt er, ob Baden-Württemberg überhaupt einen Antisemitismusbeauftragten braucht: „Wir haben so viele Sonderbeauftragte.“ Die AfD werde im Fall Blume „noch tiefer nachfragen“ und behalte sich einen Antrag zur Abberufung des Antisemitismusbeauftragten vor.

Aber was ist dran an den Vorwürfen, Michael Blume würde „völkische, rechtsextreme, rassistische und antisemitische Netzwerke, die tief bis in den Staatsdienst bis hin zu Polizei und Justiz reichen“, wie es in der Anfrage heißt, nur herbeifabulieren? Die Landesregierung antwortet darauf: „Den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg liegen keine Erkenntnisse zu dem in den Fragestellungen aufgeführten Netzwerken innerhalb der Polizei oder der Justiz vor.“

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Unklar ist allerdings, ob Blume das überhaupt genau so gesagt hat. Auf Nachfrage konnte Emil Sänze keine öffentlich getätigte Aussage nennen, die deckungsgleich mit den in der Anfrage kolportierten Vorhaltungen ist. Auch Blume erinnert sich nicht an die genannte Wortwahl: „Eine Aussage in dieser Verdichtung gibt es so gar nicht“, sagt er. Er habe aber gegenüber dem SWR davon gesprochen, dass es „Hinweise“ auf „Netzwerke von alten Herren im Staatsdienst“ gibt, die einander decken – im Kontext mit dem Dachverband Deutsche Burschenschaft mit Sitz in Thüringen.

Blume freue sich über parlamentarisches Interesse

Für Blume haben solche Versuche der AfD, ihn unglaubwürdig zu machen, eine gewisse Tradition. „Schon in der letzten Legislaturperiode gab es digitale Anwürfe durch den damaligen AfD-Abgeordneten Gedeon sowie teilweise bizarre Anfragen gegen meine Arbeit durch seine Fraktionskollegen Fiechtner, Baum und Rottmann“, sagt er. Alle drei sind heute keine Mitglieder des Landtags mehr. Wolfgang Gedeon und Heinrich Fiechtner sind aus der AfD ausgetreten, Christina Baum sitzt für die Rechtspopulisten mittlerweile im Bundestag.

Sehr konstruktiv habe sich laut Blume dagegen der AfD-Fraktionsvorsitzende Bernd Gögel im Landtag zu seinem ersten Bericht geäußert. „Daher deute ich die manchmal seltsamen Anfragen des Abgeordneten Sänze als Teil auch interner AfD-Flügelkämpfe rund um Antisemitismus und jüdisches Leben“, sagt Blume. Auf Nachfrage stellt sich Gögel jedoch hinter die jüngste Anfrage: „Ich kann sie gut nachvollziehen, es kann nicht sein, dass ein Antisemitismusbeauftragter solche Thesen in die Welt setzt“, sagt der Fraktionschef. Blumes Verhalten sei mindestens „kritikwürdig“. Er fordert die Landesregierung auf, mit ihm ein „klärendes Gespräch“ zu führen.

Grundsätzlich, sagt Blume, freue er sich aber über parlamentarisches Interesse am Kampf gegen Antisemitismus: „Ich wünsche mir feste, ehrlich interessierte Ansprechpartner in allen Fraktionen.“