Die Großheppacher Schwesternschaft, 1856 von Wilhelmine Canz gegründet, hat nun einen rein weiblichen Vorstand: Die 43-jährige Betriebswirtin Antje Helmond bildet mit der Stiftungsvorsteherin und Oberin Magdalene Simpfendörfer-Autenrieth ab sofort das weibliche Führungsteam.

Weinstadt - Antje Helmond nennt ihre neue Tätigkeit als kaufmännischer Vorstand einen „echten Umbruch“ für die Großheppacher Schwesternschaft. Denn gemeinsam mit Magdalene Simpfendörfer-Autenrieth, der Oberin der Schwesternschaft und Vorsteherin der Stiftung, bildet sie als Nachfolgerin des kürzlich in den Ruhestand verabschiedeten Peter Schmaderer deren rein weiblichen Vorstand. Ein Novum, sagt Helmond: „In den vergangenen Jahrzehnten waren die Vorsteher und Verwaltungsdirektoren fast immer Männer.“ Ein Novum – und gleichzeitig ein Schritt zurück zu den Wurzeln, denn schließlich war es mit Wilhelmine Canz eine Frau, welche die Großheppacher Schwesternschaft im Jahr 1856 gegründet hat, um die Kindererziehung zu professionalisieren.

 

Kinder und Ältere als Aufgabenschwerpunkte

„Wilhelmine Canz war es ein großes Anliegen, Kinder von der Straße zu holen – und das tun wir heute noch“, sagt Antje Helmond und erwähnt in dem Zusammenhang die Kita neben dem Mutterhaus der Schwesternschaft in Beutelsbach sowie die eigene Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik, die Erzieher ausbildet. Die zweite Zielgruppe der Stiftung, ältere Menschen, hat sich im Laufe der Zeit quasi von selbst ergeben: Die als Erzieherinnen tätigen Schwestern, deren Arbeitseinkünfte in die Stiftung flossen, haben einen Anspruch, lebenslang versorgt zu werden. Das übernehmen auch Mitarbeiter, die an der eigenen Fachschule für Altenpflege ausgebildet worden sind.

Trotz ihrer Fachschulen hat die Schwesternschaft wie viele Einrichtungen mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Letzterer ist laut Antje Helmond auch der Grund, wieso momentan nicht alle Plätze im Pflegestift Wilhelmine-Canz-Zentrum belegt sind. „Wir haben einen hohen Anspruch und einen hohen Pflegeschlüssel. Weil wir derzeit einige Stellen nicht besetzen können, haben wir bewusst frei gewordene Pflegeplätze nicht neu belegt“, erklärt Helmond.

Dem Personalmangel will der weibliche Stiftungsvorstand mit einer groß angelegten Kampagne begegnen und demnächst auf Bussen und Mitarbeiterautos für sich werben. Allerdings sagt Antje Helmond auch: „Werbung schalten reicht nicht mehr.“ Ein wichtiger Baustein sei es, die Mitarbeiter ans Haus zu binden – durch Mentoring-Programme oder Angebote, die der im Bereich Erziehung und Altenpflege überwiegend weiblichen Belegschaft entgegenkämen. Ein Zertifikat als „familienbewusstes Unternehmen“ kann die Großheppacher Schwesternschaft schon für sich reklamieren. Antje Helmond, selbst zweifache Mutter, zählt als Beispiele Homeoffice-Arbeitsplätze auf, einen „guten Mittagstisch“ und Dienstpläne, welche auf das Familienleben abgestimmt sind.

Abwägung zwischen Rendite und Risiko

Ein weiterer Arbeitsbereich der Betriebswirtin ist es, die Stiftungsgelder zu verwalten. Keine leichte Aufgabe in Zeiten des Minuszinses. Da gelte es, sorgfältig abzuwägen zwischen Risiko und Rendite, sagt die 43-Jährige, die früher in der freien Wirtschaft gearbeitet, ihren Wechsel in die soziale Branche aber nie bereut hat. „Die Aufgaben sind gleich, aber der Umgang mit den Mitarbeitern ist anders“, findet Antje Helmond. Als sie vor knapp acht Jahren zur Schwesternschaft gekommen sei – zunächst war sie für die Buchhaltung zuständig – habe sie sich gleich zu Hause und willkommen gefühlt. Den Gemeinschaftssinn im Haus und „eine andere Arbeitskultur“ will Antje Helmond künftig fördern. Außerdem sagt sie: „Beim fachlichen Austausch zwischen den Abteilungen können wir noch besser werden.“