Anwohner an der Heilbronner Straße fürchten, dass sich in ihrer Nachbarschaft Prostitution etabliert. Nur Mutmaßungen? Die Stuttgarter Behörden beobachten seit längerem ein Massagestudio.

S-Nord - Die Polizei verzeichnet in Stuttgart 44 Terminwohnungen, in denen Frauen und auch Transvestiten sexuelle Dienste anbieten. „In den Wohnungen arbeiten eine bis höchstens drei Personen“, sagt Polizeioberkommissarin Katharina Schwegler von der Dienststelle für Prostitution. Schätzungen, wie viele sogenannte Terminwohnungen es tatsächlich gibt, will die Polizei nicht abgeben. Schwegler: „Das wäre reine Spekulation.“ Von den bekannten Objekten befinden sich etwa die Hälfte in der Olga- straße. Adressen im Stuttgarter Norden liegen der Polizei derzeit nicht vor.

 

Dort befürchten die Anwohner der Heilbronner Straße nun, dass auch dort Sex-Geschäfte abgewickelt werden und das Rotlichtmilieu aus dem Leonhardsviertel in ihre Straße schwappt: Vor gut drei Jahren hat sich dort in einem Gebäude auf etwa 100 Quadratmetern ein Massagestudio eingemietet. Der Miete für das Studio liegt nach Informationen unserer Zeitung bei 1900 Euro. Den Nachbarn, die aus Angst vor den Betreibern nicht genannt werden möchten, beobachten seither, dass bis spät abends dort Männer ein- und ausgehen. Das nährt ihre Vermutung, dass kein Massagestudio, sondern ein Bordell betrieben wird und sogar noch ausgeweitet werden soll. „Der Eigentümer will das Gebäude umbauen und hat das bei der Stadtverwaltung beantragt“, sagt eine Nachbarin.

Studio wirbt mit zweideutiger Homepage

Durch die Homepage des Studios fühlt sie ihren Verdacht bestätigt: Den Kunden versprochen werden „stets asiatische Masseurinnen, die sich um alle Wünsche kümmern“, und eine „sinnliche Massage, um die Entspannung auf besondere Art und Weise auszureizen“. Allerdings ist auf der Seite auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keinen „GV“(Geschlechtsverkehr) und keinen „Sex“ gibt. Falls sich eine Frau für eine Mitarbeit in dem Studio interessiert, erfährt sie auf der Homepage, dass es „den Masseurinnen an nichts mangelt“ , ein „warmherziges Miteinander“ und die „Aussicht auf guten Verdienst“ geboten werden. Von den Interessentinnen erwartet wird lediglich ein gepflegtes Äußeres, Sinnlichkeit, Freude an Massagen und Zuverlässigkeit. Kein Wort von Kenntnissen oder gar einer Ausbildung in Sachen Massage. Eine Anwohnerin, die die Seite vor längere Zeit aufgerufen hat, stellt fest: „Mittlerweile ist die Seite geändert. Früher war sie noch sehr viel eindeutiger.“

Kunden des Studios, die ihre Erfahrungen mit Gleichgesinnten teilen wollen, berichten im Internet zum Beispiel: „Die asiatische Schönheit mit den zarten Händen wusste gezielt, wo sie anpacken muss, um mir zu totaler, nachhaltiger Entspannung zu verhelfen.“ Ein anderer Kunde berichtet, dass er sich nach der Thai-Massage noch eine Erotik-Massage gönnen wollte und eine Tantra-Massage dazu gebucht habe, die wunderbar zärtlich und sanft gewesen sei und noch andere Lebensgeister geweckt habe, um die sich die Masseurin vorbildlich gekümmert habe. Happy End-Massage mit Geschlechtsverkehr? Das bleibt offen. Und bei einem Testanruf wurde der Wunsch danach abgelehnt.

Allerdings ist das Objekt in der Heilbronner Straße auch der Dienststelle für Prostitution bekannt. „Seit 2014 beobachten und kontrollieren wir das Studio. Es fällt nicht als Bordell auf, und Wohnungsprostitution ist für uns strafrechtlich nicht relevant“, sagt Polizeioberkommissarin Schwegler. Sie räumt aber ein, dass die Kontrollen „nicht grundlos“ stattfinden, da die Inserate durchaus zweideutig und früher tatsächlich eindeutig gewesen seien.

Kirsten Rickes, Leiterin des städtischen Baurechtsamts bestätigt, dass ein Bauantrag für die Adresse eingegangen ist. „Der ist allerdings unauffällig und deutet nicht darauf hin, dass das Objekt als Bordell genutzt werden soll“, sagt sie. Was das Massagestudio angeht, könnte es ein Grenzfall sein. „Gewerbliche Nutzung ist in dem Bereich zulässig“, sagt Rickes und geht von einem schmalen Grat zwischen Wellness-Massage und Massagen zum sexuellen Vergnügen aus. Ihr Amt hat sich bereits mit dem Eigentümer des Gebäudes, der nicht Betreiber des Massagestudios ist, in Verbindung gesetzt. Der habe versichert, dass er die Räumlichkeiten als seriöses Massagestudio vermietet habe und er nach dem Rechten sehen wolle. Allerdings will das Baurechtsamt nochmals „nachfassen“, da der Betrieb immer noch Anlass für Zweifel an der Seriosität bietet. Rickes: „Unsere Maßnahmen können dann bis zur Nutzungsuntersagung reichen.“

Bezirksvorsteherin Sabine Mezger, die auf der jüngsten Bürgerversammlung von den Mutmaßungen der Anwohner erfahren hat, sieht es realistisch. „Schön ist das nicht. Doch so lange die Prostitution nicht so offen wie in anderen Innenstadtbereichen auftritt und im Rahmen der Legalität bleibt, werden wir damit leben müssen.“