Safthersteller beginnen dieser Tage mit der Obstannahme. Der Preis für Äpfel ist wegen des Überangebots im Keller.

Fellbach - Äpfel in Hülle und Fülle – wo soll das alles hin? Das fragen sich dieser Tage die Mostereien, denen eine Obstschwemme ins Haus steht, wo doch der Saft-Markt in Europa gerade völlig aus den Fugen geraten ist.

 

In der Europäischen Gemeinschaft wird eine Riesen-Ernte erwartet, auch der Verband der Deutschen Fruchtsaftindustrie rechnet mit der besten Streuobsternte seit sechs Jahren. Dabei rollen jetzt die Tankwagen ukrainischer und polnischer Mostereien Richtung Westen, seit Russland die Grenzen dicht gemacht hat, berichtet Albert Mayer aus Uhlbach, Chef der einzigen Fruchtsaftkelterei in der Landeshauptstadt.

Die Folge des Überangebots: Der Preis ist im Keller

Die Folge des Überangebots: Der Preis für die Rohware, das Obst, ist tief im Keller. Noch tiefer als vor zehn Jahren, als man bei 4,50 Euro pro Doppelzentner angekommen war – damals ebenfalls wegen einer überreichen Ernte und Konzentratimporten aus China. Jetzt werden Auszahlungspreise von 3,50 Euro pro Doppelzentner angekündigt. Ein Doppelzentner, das sind 100 Kilo. Vier Säcke voll Äpfel, für die man sich lange bücken muss.

Der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Oeffingen rechnet deshalb damit, dass in diesem Jahr mehr Bäume als sonst überhaupt nicht abgeerntet werden. Lohnt sich die Arbeit überhaupt noch? „Wenn es für einen Sack Äpfel weniger als einen Euro gibt“, sagt Franz Plappert, „ist das eigentlich keine Frage. Das ist einfach zu wenig.“ Auf diese Weise treffe die Ukraine-Krise mit den wechselseitigen Wirtschaftssanktionen der EU und Russland „den kleinen Stücklesbesitzer“.

Wenn die Politik die Streuobstlandschaft erhalten wolle, gehe das auf Dauer nicht ohne staatliche Unterstützung

Langfristig könnte das die Landschaft verändern. „Wenn das Obst keinen Wert mehr hat, pflanzt keiner mehr einen Obstbaum.“ Da helfe auch der jetzt verkündete Landeszuschuss fürs Baumschneiden nicht mehr. Wenn die Politik die Streuobstlandschaft erhalten wolle, gehe das auf Dauer nicht ohne staatliche Unterstützung. Was weiterhin funktionieren wird, das sind lokale Initiativen, meint Plappert. Der Oeffinger Apfelsaft beispielsweise, oder der Kernener Streuobstsaft. „Aber das löst das Mengenproblem nicht.“

Der geringe Preis fürs Obst „ist auch für uns unerfreulich, und für die Erzeuger erst recht“, sagt Albert Mayer, der für seine treuen Anlieferer vielleicht noch ein paar Cent obendrauf legen will. Den Erzeugern von ungespritztem Obst für Stuttgarter Apfelsaft auch deutlich mehr. Aber dem Markt entziehen könne er sich nicht, auch wenn er mit rund einer Million Liter Lagervolumen nicht zu den Großen der Branche gehört. Nach einer miserablen Ernte im vergangenen Jahr will er nun einlagern, was geht, auch um fürs nächste Jahr gerüstet zu sein. Nach großen Ernten folgt im Streuobstbau nicht selten eine ganz kleine. „Alternanz“ nennen das die Fachleute.

Das Aufsammeln und Abliefern von Äpfeln lohnt sich auf jeden Fall immer noch für Kleinerzeuger

Das Aufsammeln und Abliefern von Äpfeln lohnt sich auf jeden Fall immer noch für Kleinerzeuger, die den Saft selbst verbrauchen, und die ihre Äpfel zur Lohnmostverarbeitung abliefern. Für 100 Kilo Obst werden dem Anlieferer 60 Flaschen Apfelsaft gutgeschrieben, bezahlt wird beim Safteinkauf dann nur der Verarbeitungspreis, der etwas mehr als die Hälfte des regulären Flaschenpreises ausmacht. Diese Art der Vermarktung macht beispielsweise bei Mayer Fruchtsäfte den Großteil des Geschäfts, etwa 70 bis 80 Prozent, aus.