Eine unabhängige Vertretung der Arbeitnehmer soll dazu beitragen, dass die Beschäftigten von Foxconn nach dem chinesischen Neujahrsfest wieder an die Fließbänder zurück kehren. Sicher ist das bisher nicht.

Peking - Die Ankündigung war gut terminiert: Wenige Tage vor dem traditionellen Neujahrsfest – in China hat das Jahr der Schlange begonnen – kündigte der Elektronikkonzern Foxconn an, nach den Feiertagen in seinen chinesischen Fabriken demokratische Betriebsratswahlen abhalten zu wollen. Das Versprechen war wohl nicht nur an den Großkunden Apple gerichtet, der wegen seiner engen Geschäftsbeziehung zu dem umstrittenen taiwanesischen Elektronikhersteller seit langem in der Kritik steht. Foxconn dürfte auch hoffen, damit möglichst viele Arbeiter nach dem Fest zurück an seine Fließbänder locken zu können. Denn nach Chinesisch Neujahr stehen chinesische Fabrikmanager vor der bangen Frage, ob sie noch genügend Angestellte haben werden, oder ob sie einmal mehr die Gehälter anheben müssen, um auf dem zunehmend umkämpften Markt für Arbeitskräfte wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Die rund 1,2 Millionen Foxconn-Angestellten, die an 13 chinesischen Standorten für Marken wie Apple, Hewlett-Packard, Microsoft und Nokia produzieren, stehen seit Jahren im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Sollten die Wahlen tatsächlich erfolgreich verlaufen und die neuen Arbeitnehmervertreter die Interessen der Beschäftigten effektiv vertreten, könnte dies Auswirkungen auf Chinas gesamte Industrie haben. Foxconn wird seit Jahren regelmäßig von Arbeiterskandalen erschüttert und beschert damit auch seinen prominenten Kunden peinliche Negativ-Schlagzeilen.

Die Organisation der Betriebsratswahlen, bei denen rund tausend Komitees mit jeweils rund zwanzig Vertretern gebildet werden sollen, liegt in der Hand der Fair Labor Association (FLA). Experten der Arbeiterrechtsorganisation, deren Mitgliedern vor allem internationale Markenkonzerne sind, hatten in den vergangenen Monaten in Apples Auftrag untersucht, wie die Interessensvertretung bei Foxconn organisiert ist, und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass diese so gut wie nicht existiert – in China kein besonders überraschendes Resultat. Zwar hat Foxconn bereits seit 2006 einen Betriebsrat, so wie es das chinesische Gesetz vorschreibt. Doch dieser ist vollständig in der Hand des Managements, was ebenfalls üblich ist. Der staatliche Gewerkschaftsverband agiert in der Regel nicht als Repräsentant von Arbeiterinteressen, sondern sieht sich den Unternehmern und lokalen Behörden verpflichtet, die gleichermaßen ein Interesse an hohen Gewinnen und reibungslosem Produktionsbetrieb haben.

Arbeiterskandale geschehen regelmäßig

Dabei macht Foxconn seit Jahren die Erfahrung, dass es gefährlich ist, die Interessen der Arbeiter zu ignorieren. 2009 geriet das Unternehmen erstmals durch eine Reihe von Selbstmorden in die Schlagzeilen. Im Zeitraum von einem Jahr nahm sich ein Dutzend Arbeiter das Leben. In Abschiedsbriefen klagten sie über unerträglichen Druck und finanzielle Aussichtslosigkeit. Später sorgten Nachrichten von tödlichen Arbeitsunfällen, Streiks und Protesten für Aufsehen. Im vergangenen Herbst musste Foxconn nach Randalen in einem nordchinesischen Werk die Produktion für mehrere Tage stoppen. Chinesischen Medienberichten zufolge fällt es dem Unternehmen an mehreren Standorten so schwer, Arbeiter zu finden und zu halten, dass die Personalmanager örtliche Berufsschulen bezahlen, um ihre teils minderjährigen Schüler zu Pflichtpraktika in die Fabrik zu schicken. Menschenrechtsorganisationen werfen Foxconn vor, seine Angestellten wie „iSlaves“ – also wie Sklaven – zu behandeln.

Grund für die Unzufriedenheit und den Mangel an Arbeitskräften sind die schnell steigenden Lebenshaltungskosten in den Ballungszentren sowie die höheren Ansprüche der Arbeiter – und die mangelnde Bereitschaft der Unternehmen, ihre Löhne entsprechend anzuheben. Die Veränderungen haben viele chinesische Unternehmen unvorbereitet getroffen. Der Erfolg von Foxconns Betriebsratsinitiative hänge maßgeblich davon ab, ob das Management bereit sei, den Arbeitern wirklich zu erlauben, sich selbst zu organisieren und kollektiv aufzutreten, glaubt Geoffrey Crothall von der Hongkonger Arbeiterrechtsorganisation China Labour Bulletin: „Entscheidend ist nicht, wie demokratisch die Wahlen sein werden, sondern inwieweit Foxconn die Arbeitervertreter als Tarifpartner akzeptiert.“ Nach den Erfahrungen bei anderen Unternehmen zu urteilen, sieht er die Erfolgsaussichten skeptisch. Anita Chan, China-Expertin an der australischen University of Technology, geht sogar noch einen Schritt weiter und bezeichnet die Ankündigung als schlichte „PR-Aktion“. Foxconns Chancen, langfristig florieren zu können, ohne die Arbeiter daran zu beteiligen, sind allerdings ebenfalls gering.