Berlin stellte noch vor der Freilassung des arabischen Journalisten Mansur klar, dass die Auslieferung an Ägypten nicht in Frage kommt. Seit dem viel kritisierten Besuch von Präsident al-Sisi steht die Regierung unter Beobachtung.

Berlin - Der in der arabischen Welt bekannte Journalist Ahmed Mansur wird nach massivem politischen Druck nicht an Ägypten ausgeliefert und kommt frei. Zuvor hatten Sprecher des Kanzleramtes und des Auswärtigen Amtes erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren in Ägypten geäußert. Unklar blieb zunächst, auf welcher Grundlage der Top-Journalist des katarischen Senders Al Dschasira, der die ägyptische und britische Staatsbürgerschaft besitzt, am Samstag auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgesetzt worden war. Der 53-Jährige wollte nach einem mehrtägigen Deutschlandaufenthalt nach Doha fliegen.

 

Mansur war von einem ägyptischen Gericht 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er angeblich 2011 während des Aufstands gegen den damaligen Machthaber Husni Mubarak einen Rechtsanwalt auf dem Kairoer Tahir-Platz gefoltert hat. Al Dschasira wies dies zurück und sprach von dem Versuch, Mansur mundtot zu machen. Anscheinend sind von der ägyptischen Justiz nun neue Vorwürfe erhoben worden. Mansur selbst sprach in einer Videobotschaft von „Vergewaltigung, Raub und Entführung“. Die Vorwürfe seien jedoch „politisch motiviert“, so sein Anwalt. Die autoritär regierende ägyptische Staatsführung sieht in Mansur einen Unterstützer der Muslimbrüder, die sie mit aller Härte verfolgt. Politiker aller Fraktionen sowie mehrere Journalistenorganisationen hatten deshalb vehement gefordert, zumindest auf die Auslieferung Mansurs zu verzichten, weil diesem sonst die Todesstrafe drohe.

Der Besuch al-Sisis hat Glaubwürdigkeit gekostet

Mansurs Anwälte hatten sich irritiert darüber gezeigt, dass die Bundespolizei überhaupt handelte. Interpol habe die Vollstreckung eines von Ägypten ausgestellten Haftbefehls nicht angewiesen. Eine dazu notwendige so genannte „red notice“ gegen Mansur sei nicht ausgegeben worden. Ein entsprechendes Fax von Interpol, datiert auf den 21. Oktober 2014, legt dies nahe. Es habe somit keine Grundlage für eine Festnahme gegeben. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums widersprach dieser Darstellung. „Uns lag ein solches (...) Ersuchen vor.“ Es sei dem Bundeskriminalamt von Interpol ins System gestellt worden. Der Fall wurde in Berlin mit höchster Priorität behandelt, denn der Staatsbesuch des ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi Anfang Juni hat die Bundesregierung Glaubwürdigkeit gekostet.

Ihr war vorgeworfen worden, ihre Prinzipien zu Gunsten eines milliardenschweren Kraftwerksgeschäftes der ägyptischen Regierung mit Siemens aufgegeben zu haben. Denn zunächst hatte Kanzlerin Angela Merkel al-Sisi erst nach freien Parlamentswahlen in Ägypten empfangen wollen. Diese sind aber nach wie vor nicht einmal terminiert. Auch der Zwischenfall mit einer jungen Frau, die in der Pressekonferenz Merkels mit al-Sisi den Staatsgast als Mörder beschimpfte und anschließend im Kanzleramt vor Claqueuren al-Sisis in Sicherheit gebracht werden musste, warf ein schlechtes Licht auf die angeblich stets werteorientierte deutsche Außenpolitik.

Höchste Priorität

Seit dem Besuch al-Sisis steht das deutsch-ägyptische Verhältnis deshalb unter besonderer Beobachtung, weshalb sich die Bundesregierung schon vor der Freilassung um klare Botschaften bemühte. Martin Schäfer, der Sprecher des Auswärtigen Amtes, ließ keinen Zweifel aufkommen, dass eine Auslieferung nicht in Frage komme. Diese könne nur erfolgen, „wenn die Bundesregierung dem ausdrücklich zustimmt“. Die Bundesregierung habe aber immer wieder die Rechtsstaatlichkeit Ägyptens in Frage gestellt, zuletzt nach dem Todesurteil gegen den von al-Sisi gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi. Vor diesem Hintergrund gebe es „auch im Fall Mansur Zweifel“ an einem fairen Verfahren. Man könne es „gar nicht laut genug sagen: natürlich wird niemand aus Deutschland ausgeliefert, der Gefahr läuft, im Ausland zum Tode verurteilt zu werden“, sagte der Sprecher Steinmeiers. Merkel-Sprecher Steffen Seibert ergänzte, man bewege sich da „auf einer Linie“.