Neben Defiziten bei wirtschaftlichen Themen wie der Stärkung der Tarifeinheit oder der Fachkräftesicherung nahmen die Interessenvertreter der Arbeitgeber vor allem auch zur grün-roten Bildungspolitik Stellung.

Stuttgart - Wenige Tage vor der Bundestagswahl und zu Beginn der zweiten Hälfte der Legislaturperiode der grün-roten Landesregierung stellen die Arbeitgeber Baden-Württemberg dem Kabinett von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ein „durchwachsenes“ Zwischenzeugnis aus. „Gemessen an unseren Erwartungen, die wir bereits vor zweieinhalb Jahren formuliert haben, bleibt noch viel Luft nach oben“, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am gestrigen Donnerstag. „Viele unserer Forderungen wurden nicht ausreichend umgesetzt, notwendigen Reformen kommen nur schleppend voran“, so Hundt weiter.

 

Neben Defiziten bei wirtschaftlichen Themen wie der Stärkung der Tarifeinheit oder der Fachkräftesicherung nahmen die Interessenvertreter der Arbeitgeber vor allem auch zur grün-roten Bildungspolitik Stellung.

Arbeitgeberpräsident kritisiert das Bildungsurlaubgesetz

„Fehlenden Gestaltungswillen kann man der Landsregierung wahrlich nicht vorwerfen“, sagte Hundt – im Gegenteil: Es gebe gar zu viele Reformen, die in der falschen Reihenfolge umgesetzt würden. So sei etwa nicht nachzuvollziehen, warum mit der Einführung von Gemeinschaftsschulen nicht bis zum Vorliegen der Eckpunkte für die regionale Schulentwicklungsplanung gewartet wurde.

Aus Sicht der Arbeitgeber sei indes ein parteiübergreifender „Schulfrieden“ anzustreben, der auf einem Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasium und einem Schultyp, der den Hauptschulabschluss und die mittlere Reife anbietet, fußen sollte. Dasselbe hatte am Mittwoch auch der Handwerkstag gefordert. „Das Ziel ist es, die Schulabgänger, die nicht die entsprechenden Anforderungen mitbringen, zu verringern“, sagte Hundt. Gleichzeitig solle der Anteil derer erhöht werden, die nach dem Abschluss eine duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule beginnen.

Auch habe die Landesregierung die Bedeutung und den Bedarf an Ganztagesbetreuung im Kindergarten- sowie im Schulbereich ignoriert und den Ausbau dadurch verzögert. Der Arbeitgeberpräsident übte außerdem Kritik an der geplanten Einführung des Bildungsurlaubgesetzes, das der beruflichen Weiterbildung dienen soll. Dieses würde die Unternehmen und die öffentliche Hand auf unzumutbare Weise belasten.

Lob an Abbau von Hürden für ausländische Arbeitnehmer

Bei den Hochschulen sehen die Arbeitgeber Handlungsbedarf. „Die Abschaffung der Studiengebühren war ein schwerer Fehler“, findet Hundt. Den Hochschulen würden zusätzliche Mittel für die Qualität der Lehre verloren gehen. Der Verband plädiert für die Wiedereinführung der Beiträge. Die Senkung der Abbrecherquote bei Bachelorstudiengänge solle die Priorität vor einem weiteren quantitativen Ausbau der Masterstudiengänge haben, sagte Hundt.

Gelobt wurde hingegen, dass der Abbau von Hürden für ausländische Arbeitnehmer auf gutem Wege sei, genau wie die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Auch begrüßten die Arbeitgeber, dass die grün-rote Landesregierung Verantwortung für den Hochschulausbau im Land übernommen habe.