Die Arbeitgeber verlangen von der grün-schwarzen Landesregierung die Wiedereinführung von Studiengebühren und ein verbindliches Vorschuljahr für Kindergartenkinder.

Stuttgart - „Bildung sichert Wertschöpfung am Standort Baden-Württemberg“, sagt Rainer Dulger, der Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg. Deshalb, so Dulger, „engagieren sich die Arbeitgeber Baden-Württemberg in allen Etappen der Bildungsbiografie“. Der Verband formuliert auch seine Erwartungen an die grün-schwarze Landesregierung. Sein bildungspolitische Positionspapier liegt dieser Zeitung vor, es wird demnächst verbreitet.

 

Dabei setzen die Arbeitgeber vor allem in der Hochschulpolitik ein Ausrufezeichen. Sie machen sich für Studiengebühren stark. Davon verspricht sich die Wirtschaft ein besseres Dienstleistungsverständnis der Hochschulen und eine höhere Qualität der Lehre. Die Arbeitgeber warnen davor, den Bachelorabschluss schlecht zu reden. Der Anteil von Bachelorabsolventen in leitenden Positionen sei gestiegen und bestätige die hohe Akzeptanz in der Wirtschaft. In der Weiterbildung lehnt der Verband unverändert das von Grün-Rot eingeführte Bildungszeitgesetz kategorisch ab.

„Offene Flanke“ Ganztag

Ganztagsangebote sind das große Anliegen der Arbeitgeber im Land. Sie bezeichnen die schlechte Versorgung mit Ganztagsangeboten in der frühkindlichen Bildung als „offene Flanke des baden-württembergischen Bildungssystems“. Auch an den Schulen erwarten sie bedarfsgerechte Ganztagsangebote an allen Schularten. Ein „verbindliches Vorschuljahr mit einem Schwerpunkt bei der Sprachförderung“ sei zumindest einer Prüfung wert.

Sollten Schulen geschlossen werden müssen, will die Wirtschaft einbezogen werden. Vor allem, wenn Berufsschulklassen aufgehoben werden sollen, reiche es nicht aus, lediglich die Berufsbildungsausschüsse der Kammern einzubeziehen, heißt es in dem Positionspapier.

Die Arbeitgeber erwarten von der Koalition ein klares Bekenntnis zum achtjährigen Gymnasium. Eine Wahlmöglichkeit zwischen allgemeinbildenden acht- und neunjährigen Gymnasien bezeichnen sie als „überflüssig, teuer und nicht sachgerecht“. Auch eine flächendeckende gymnasiale Oberstufe an Gemeinschaftsschulen erscheint den Unternehmern angesichts der beruflichen Gymnasien unnötig.

Skepsis gegenüber Gemeinschaftsschule

Die Arbeitgeber zeigen sich generell skeptisch gegenüber der Gemeinschaftsschule und verlangen eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation. Erfolgreich seien Gemeinschaftsschulen, wenn die Absolventen eine bessere Ausbildungsreife erreichen, wenn der Anteil der Absolventen mit mittlerem Bildungsabschluss steigt, und wenn die Schulen den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg nachweisbar auflösen können. Die Arbeitgeber bekennen sich zu einem zweigliedrigen Schulsystem und hoffen auf ein Ende der „ewigen Diskussionen um Schulformen“. Das Bildungskontrolling, das Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in Angriff nehmen will, halten sie für unverzichtbar. Die Inhaltlichen Erwartungen an den Unterricht sind hoch: Den Arbeitgebern wäre es recht, wenn die ökonomische, die informationstechnische und die naturwissenschaftliche Bildung gestärkt wird.

Lehrerberuf attraktiver machen

Angesichts der vielen offenen Lehrerstellen drängt die Wirtschaft darauf, den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Dazu gehöre auch ein neues Arbeitszeit- und Entgeltkonzept. Die Deputatsregelungen seien aus dem 19. Jahrhundert, und damit überholt. Vor allem Grundschullehrer sollten in eine Qualifizierungsoffensive einbezogen werden.

In der beruflichen Ausbildung raten die Arbeitgeber zur Flexibilisierung. Starken Auszubildenden sollten möglichst viele Zusatzqualifikationen geboten werden, für schwächere Jugendliche sollte es auch die Möglichkeit einer zweijährigen Ausbildung geben, an die sich dreijährige Berufe anschließen könnten.