Die Arbeitslosigkeit in Griechenland sinkt. Doch die zunächst positiv anmutenden Zahlen ändern nicht die prekäre Situation vieler Hellenen. Denn immer mehr verschwinden aus der Statistik durch schlecht bezahlte Teilzeitjobs.

Athen - ie Lage am griechischen Arbeitsmarkt hellt sich weiter auf: Im Juli fiel die Arbeitslosenquote nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde Elstat auf den niedrigsten Stand seit sieben Jahren. Aber die meisten neuen Jobs werden schlecht bezahlt.

 

Arbeitslosenquote von 19 Prozent

Für den Juli meldete das Statistikamt Elstat jetzt eine Arbeitslosenquote von 19 Prozent. Das war der niedrigste Wert seit November 2011. Im Juli 2017 betrug die Quote noch 20,9 Prozent. Auch die Jugendarbeitslosigkeit geht zurück: Waren vor einem Jahr noch 41,1 Prozent der Arbeitssuchenden in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren ohne Job, sind es jetzt 37,9 Prozent. Griechenland hat aber weiter die mit Abstand höchste Arbeitslosigkeit in der EU. Dort lag der Durchschnitt im August bei 6,8 Prozent. In Griechenland ist der Arbeitsmarkt noch weit vom Vor-Krisenniveau entfernt. 2008 lag die Arbeitslosenquote bei 7,8 Prozent. Savas Robolis, Wirtschaftswissenschaftler und Arbeitsmarktexperte an der Athener Panteios-Universität, schätzt, dass die Quote erst nach 2030 wieder unter die Zehnprozentmarke fallen wird. Ihren Höhepunkt erreichte die Arbeitslosigkeit in Griechenland im Sommer 2013 mit fast 28 Prozent. Die desolate Lage auf dem Arbeitsmarkt ist das Ergebnis der griechischen Schuldenkrise. Sie ließ zwischen 2009 und 2016 die Wirtschaftsleistung des Landes um 26 Prozent einbrechen. Seit 2017 wächst das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder, allerdings langsamer als erwartet. Für dieses Jahr rechnet die Regierung mit einem Plus von rund zwei Prozent. Stärkster Wachstumsmotor ist der Tourismus. Im ersten Halbjahr 2018 stieg die Zahl der ausländischen Urlauber gegenüber dem Vorjahr um rund 15 Prozent, die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr nahmen sogar um 17,2 Prozent zu.

Reise-Boom sorgt für neue Arbeitsplätze

Der Reise-Boom sorgt für neue Arbeitsplätze. Dabei handelt es sich aber häufig um schlecht bezahlte und saisonale Teilzeitjobs. Nach Berechnungen des griechischen Arbeitsministeriums wurden in den ersten neun Monaten 2018 knapp 288 400 neue Arbeitsplätze geschaffen. Davon entfielen 53 Prozent auf Teilzeitjobs. Im September stieg der Anteil der Teilarbeitszeitverhältnisse an den neu besetzten Stellen sogar auf 59 Prozent. Vor Beginn der Krise war Teilzeitarbeit in Griechenland fast unbekannt. Heute arbeitet von den 1,7 Millionen Beschäftigten in der griechischen Privatwirtschaft jeder Dritte in Teilzeit – für durchschnittlich 394 Euro netto im Monat.

Der Trend zur Teilzeit belastet die Rentenkassen, weil die Beiträge zurückgehen. Ohnehin steht das griechische Rentensystem vor großen Herausforderungen. Das Land hat eine der ungünstigsten demografischen Entwicklungen in der EU, auch infolge der Krise, die zu einem deutlichen Rückgang der Geburten führte.

Nach Hochrechnungen der EU-Kommission muss Griechenland das Rentenalter bis 2060 auf 71 Jahre anheben. Sonst droht den Rentenkassen der Zusammenbruch. Die fast 600 000 Teilzeitbeschäftigten stehen dabei vor besonderen Problemen: Viele von ihnen werden wegen der niedrigen Löhne kaum nennenswerte Rentenansprüche erarbeiten können. Der Ökonom Savas Robolis warnt vor einer „sozialen Zeitbombe“ und fürchtet eine „Explosion der Armut“.

Verfügbare Einkommen um 38 Prozent gefallen

Nach Berechnungen der EU-Statistikbehörde Eurostat sind die verfügbaren Einkommen der Griechen in den Krisenjahren 2010 bis 2016 um 38 Prozent gefallen. Die sinkende Arbeitslosenquote scheint ein allmähliches Ende der Krise zu signalisieren. Aber den meisten Beschäftigten geht es deshalb nicht besser. Das zeigen die Daten der staatlichen Rentenversicherungsanstalt Efka: 2009, vor Beginn der Krise, verdienten 13,9 Prozent der Versicherten bis zu 600 Euro brutto im Monat. 2014 war dieser Prozentsatz dieser Geringverdiener bereits auf 31,6 Prozent gestiegen. 2017 lag er bei 34 Prozent.

Besonders beunruhigend ist die wachsende Zahl jener Beschäftigten, die weniger als 300 Euro im Monat verdienen und damit unter der Armutsgrenze liegen. 2009 betrug ihr Anteil vier Prozent, im vergangenen Jahr waren es 14 Prozent.