Die Arbeiter im einzigen amerikanischen VW-Werk lehnen die Gründung einer Arbeitnehmervertretung ab. Damit ist der Versuch der Automobilarbeitergewerkschaft UAW gescheitert, in den Südstaaten Fuß zu fassen.

Stuttgart - Die Arbeiter im einzigen Werk, das der Volkswagen-Konzern in den USA betreibt, wollen sich nicht von der Automobilarbeitergewerkschaft UAW vertreten lassen. Sie lehnten jetzt mit 712 zu 626 Stimmen die Gründung einer Arbeitnehmervertretung in der Fabrik in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee ab. Damit ist der Versuch der United Auto Workers (UAW), in den traditionell gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten der USA Fuß zu fassen, vorerst gescheitert.

 

Vor der Abstimmung über das Gremium, mit dem zum ersten Mal eine Art Betriebsrat nach deutschem Vorbild in einer US-Autofabrik eines ausländischen Herstellers entstanden wäre, hatten Konservative kräftig Stimmung gegen die Gewerkschaft gemacht. Auf Plakaten in der Stadt hieß es, Chattanooga werde das Schicksal der Automobil-Hochburg Detroit erleiden und pleitegehen, sollte die Gewerkschaft im VW-Werk Einzug halten. Der republikanische Gouverneur von Tennessee, Bill Haslam, warnte davor, dass sich keine Zulieferbetriebe mehr in Chattanooga ansiedeln würden, sollten sich die VW-Arbeiter gewerkschaftlich organisieren.

Verzicht auf staatliche Zuwendungen

Andere Republikaner erklärten, der Wolfsburger Konzern werde in Zukunft auf staatliche Zuwendungen verzichten müssen, wenn er Gewerkschafter in seiner US-Fabrik dulde. Schließlich sagte Senator Bob Corker auch noch, ihm hätten VW-Vertreter verraten, dass in dem Passat-Werk nur dann zusätzlich ein Geländewagen produziert werde, wenn die Gewerkschaft die Abstimmung verliere.

Volkswagen erwägt, einen neuen Siebensitzer für den US-Markt zu bauen. Im Rennen um den Standort für diesen Geländewagen ist allerdings auch Mexiko. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, könnte der Wolfsburger Konzern bereits in der kommenden Woche mitteilen, welcher Standort den Zuschlag erhält.

Die politische Kampagne führte letztlich zum Erfolg. Die Abstimmung ging deutlich zu Ungunsten der UAW aus. VW-Werkschef Frank Fischer jedoch sah sich zu einem scharfen Dementi der Geschichte veranlasst, die der Senator verbreitet hatte. „Es gibt keinerlei Verbindung zwischen der Entscheidung unserer Mitarbeiter und Plänen für eine Expansion des Werkes“, sagte Fischer. Volkswagen habe sich immer neutral verhalten und werde die Entscheidung der Arbeiter respektieren. Mehr noch: „Unsere Mitarbeiter haben keine Entscheidung darüber getroffen, dass sie gegen einen Betriebsrat sind“, so Fischer. Nun müsse eben nach einem anderen Weg gesucht werden, um eine Arbeitnehmervertretung zu gründen.

Bei VW sind Arbeitnehmervertretungen weltweit üblich

Der Konzernbetriebsrat von Volkswagen erklärte, dass er bereits in den kommenden 14 Tagen die Schaffung eines Betriebsrats in Chattanooga weiter vorantreiben werde. „Es ist uns gelungen, hochspezialisierte US-amerikanische Arbeitsrechtsexperten für uns zu gewinnen, mit denen wir in den nächsten zwei Wochen Beratungen aufnehmen, um weitere Schritte zu definieren“, sagte Gunnar Kilian, der Generalsekretär des VW-Konzernbetriebsrats. Gemeinsam mit Frank Patta, dem Generalsekretär des Welt-Konzernbetriebsrats von VW werde er zu Beratungen in die USA fliegen. Im Volkswagen-Konzern sind Arbeitnehmervertretungen weltweit üblich.

Die Abstimmung galt als Nagelprobe für die Zukunft der Autoarbeitergewerkschaft. Seit 1979 ist die Zahl der UAW-Mitglieder landesweit um 75 Prozent auf jetzt noch knapp 400 000 Mitglieder eingebrochen. Die UAW versuchte zuletzt 2001, Arbeiter in einem großen Werk eines ausländischen Herstellers zu vertreten. Die Beschäftigten am Nissan-Standort Smyrna in Tennessee entschieden sich damals ebenfalls dagegen.

Die UAW will aber nicht aufgeben und arbeitet auch daran, die Mitarbeiter des Daimler-Werks in Tuscaloosa zu gewinnen. UAW-Präsident Bob King erklärte nach der Abstimmung: „Wir sind sehr enttäuscht.“ Der Gewerkschaftschef zeigte sich aufgebracht über die Einmischung der Politik. Das Wahlergebnis muss noch von einer US-Aufsichtsbehörde bestätigt werden.