So viele Menschen wie 2016 hatten in Ludwigsburg und Umgebung noch nie Arbeit: 193 500 Menschen sind in Teil- oder Vollzeit beschäftigt. Und laut Arbeitsagentur soll das auch 2017 so bleiben – trotz Trump, Brexit und Flüchtlingen.

Kreis Ludwigsburg - Der Landkreis Ludwigsburg hat im vergangenen Jahr eine neue Rekordbeschäftigung erreicht: mit dem Stichtag 30. Juni zählte die Agentur für Arbeit im Landkreis 193 500 Personen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. „Das ist eine super Entwicklung und zeigt, wie stark unsere Wirtschaft hier ist“, sagt Martin Scheel, der Leiter der Ludwigsburger Arbeitsagentur. Neben einer guten wirtschaftlichen Lage in ganz Baden-Württemberg seien auch insgesamt optimistische Geschäftserwartungen vieler Unternehmen verantwortlich für das Beschäftigungsplus.

 

Rekord zum vierten Mal in Folge

Im Vergleich zu 2015 waren knapp 3000 Menschen oder 1,6 Prozent mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit vermeldet die Arbeitsagentur zum vierten Mal in Folge einen Beschäftigungsrekord. Im Jahr 2012 konnte mit 177 000 Beschäftigten das Vorkrisenniveau erreicht werden, danach ging es Jahr für Jahr bergauf.

Dabei fällt auf, dass der überwiegende Teil des Wachstums auf Teilzeitstellen zurückgeht. 1927 Teilzeit-Beschäftigte kamen 2016 dazu, Vollzeitstellen wurden nur 1072 zusätzlich besetzt. Im Landkreis sind Teilzeitstellen auf dem Vormarsch: Waren 2007 nur 28 500 Menschen in Teilzeit beschäftigt, sind es 2016 schon 47 000. Das relative Verhältnis von Voll- zu Teilzeit hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 6:1 auf 3:1 verändert. Martin Scheel sieht darin kein Problem. „Es wäre nur dann schlecht, wenn beim Arbeitnehmer der Wunsch auf Vollzeit besteht, er aber nur Teilzeit bekommt.“

Als arbeitslos gemeldet waren im Jahresdurchschnitt im Landkreis 10 371 Menschen – 48 mehr als im Vorjahr. Aber auch dies wertet Scheel als Erfolg: „Im vergangenen Jahr haben wir im Landkreis viel Zuwanderung erfahren – und trotzdem ist die Arbeitslosigkeit nur ganz geringfügig angestiegen.“ Wie im Vorjahr auch lag die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent. In Baden-Württemberg beträgt sie 3,8 Prozent.

Auffällig an der Jahresbilanz der Arbeitsagentur ist auch der starke Rückgang bei den Langzeitarbeitslosen. Die Zahl derer, die ein Jahr oder länger arbeitslos sind, verringerte sich 2016 um 15,4 Prozent auf 561 Personen. Das liege zum einen an Präventionsprogrammen, die verhindern sollen, dass neue Langzeitarbeitslose dazu kommen, zum anderen an der Dynamik des Arbeitsmarkts, sagt Scheel: Seit Jahresbeginn 2016 habe es knapp 36 000 Zugänge von Arbeitslosen und beinahe ebenso viele Abgänge gegeben. „Im Schnitt dauert es bei uns 130 Tage, bis jemand seine Arbeitslosigkeit beendet“, sagt Scheel.

Helferjobs bedrohen Perspektive

Ein großes Thema für die Arbeitsagentur sind die anerkannten, meist junge, männliche Flüchtlinge, die nun Arbeit suchen. Hier gibt es zahlreiche Projekte von Jobcenter und Arbeitsagentur. Bei Personen unter 25 Jahren liege der Fokus klar darauf, sie in eine Ausbildung zu bringen. Das ist laut Scheel aber doppelt schwierig: Zum einen verfügten die wenigsten bereits über adäquate Sprachkenntnisse – „Sprachniveau B1 ist Voraussetzung“, so Scheel. Zum anderen sei bei vielen der Wunsch da, sofort Geld zu verdienen, etwa als Hilfsarbeiter. „Es wäre sträflich, wenn wir jetzt nicht in diese Menschen investieren würden. Sonst werden es die Langzeitarbeitslosen von morgen.“ Dem viel geäußerten Stammtisch-Vorwurf, dass Flüchtlinge den Deutschen die Arbeits- oder Ausbildungsplätze wegnähmen, tritt Scheel entgegen: „Das können wir so nicht erkennen.“

Auch für 2017 hat Scheel gute Erwartungen: „Nach den Prognosen der Experten ist keine Eintrübung am Arbeitsmarkt erkennbar.“ Das war wohlgemerkt vor der Ankündigung Theresa Mays, einen „harten Brexit“ zu vollziehen. Die Befürchtung des IHK-Geschäftsführers Andreas Richter, dass der EU-Austritt Großbritanniens negative Folgen für Baden-Württemberg haben wird, kommentiert Scheel folgendermaßen: „Das ist eine Einschätzung, die ernst zu nehmen ist.“