Im Südwesten hängen nach Arbeitsagentur-Angaben bis zu 800.000 Jobs allein am Bereich Automotive - und um den steht es nicht mehr so rosig. Eine Folge: Die Zahl der Arbeitslosen geht nach oben.

Stuttgart - Die Konjunkturdelle in den baden-württembergischen Schlüsselbranchen Autoindustrie und Maschinenbau macht sich immer deutlicher auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Im Januar stieg im Südwesten die Zahl der Menschen ohne Job im Vergleich zum Dezember kräftig um 9,8 Prozent. Wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Stuttgart mitteilte, waren 220.500 Menschen arbeitslos - 19.700 mehr als Ende 2019. Die Arbeitslosenquote kletterte von 3,2 auf 3,5 Prozent.

 

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Auch im Vorjahresvergleich gab es einen rasanten Zuwachs: So waren im Januar 9,6 Prozent mehr Menschen ohne Job als ein Jahr zuvor. Arbeitsagentur-Regionalchef Christian Rauch sagte, bei fast allen Personengruppen und in fast allen Gegenden Baden-Württembergs verzeichne man im Vorjahresvergleich einen starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Ein Grund dafür sei eine Zurückhaltung der Arbeitgeber in traditionellen Schlüsselbranchen.

Im Maschinenbau geht es konjunkturell bergab

Autohersteller und -zulieferer sehen nach Jahren des Wachstums eine nachlassende Nachfrage vor allem nach Diesel-Autos. Obendrein stellt der Umbruch vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität viele Unternehmen vor erhebliche Probleme. Auch im Maschinenbau geht es konjunkturell bergab.

Im Segment „Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung“, in dem die Arbeitsagentur nach Angaben einer Sprecherin unter anderem diese Branchen zusammenfasst, kamen im Januar die meisten Arbeitslosen hinzu. So waren hier 5545 mehr Menschen ohne Job als im Vormonat; im Vergleich zum Januar 2019 waren es gar 8277 mehr. Die Zahl der bei der Arbeitsagentur als offen gemeldeten Jobs in diesem Berufssegment brach im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel ein.

Abseits konjunktureller Probleme ist im Automotivesektor der Umbruch zu E-Modellen, Digitalisierung und automatisiertem Fahren in vollem Gange - und führt zu zusätzlichen Umwälzungen. Beim Autobauer Daimler hat Vorstandschef Ola Källenius wegen eines Gewinneinbruchs und hoher Kosten für neue Technik ein scharfes Sparprogramm aufgelegt; er will weltweit mehr als 10 000 Stellen streichen. Der weltgrößte Zulieferer Bosch hat den Abbau von mehreren Tausend Stellen in Deutschland bekanntgegeben.

IG Metall kündigt an, auf Lohnforderungen zu verzichten

Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte, es sei zu vermuten, dass in vielen Fällen fehlende Qualifikationen für den Verlust des Arbeitsplatzes verantwortlich seien. „Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, müssen verstärkt arbeitsmarktpolitische Instrumente eingesetzt werden, wie beispielsweise geförderte Weiterbildungsmaßnahmen.“

Angesichts Tausender bedrohter Jobs in ganz Deutschland hatte die Gewerkschaft IG Metall zuletzt angekündigt, in der anstehenden Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie zunächst auf eine konkrete Lohnforderung verzichten zu wollen. Stattdessen forderte sie die Arbeitgeber zu Verhandlungen über ein „Zukunftspaket“ für die bundesweit rund vier Millionen Beschäftigten auf. Darin solle es um Dinge wie Kündigungsverzicht, künftige Investitionen und Qualifizierungen gehen. Die Arbeitgeber erklärten am Donnerstag, sie wollten das Gesprächsangebot annehmen. Allein im Südwesten hängen nach Arbeitsagentur-Angaben bis zu 800 000 Jobs am Automotivebereich.