Wegen des Fachkräftemangels haben Flüchtlinge gute Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Diesen stehen im Moment aber noch gesetzliche Hindernisse im Wege. Die Wirtschaft fordert Korrekturen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Die deutschen Arbeitgeber wünschen sich Lockerungen im Asylrecht, um Flüchtlingen möglichst schnell den Weg zu einem Job zu eröffnen. Die Politik müsse dafür sorgen, „dass Asylbewerber nicht viele Monate vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden“, sagt der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Ingo Kramer, in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Nötig seien Deutschkurse vom ersten Tag an und ein Bleiberecht für junge Menschen in Ausbildung. Die steigenden Flüchtlingszahlen wertet er als Chance für den Arbeitsmarkt. „Wir brauchen in den nächsten zwanzig Jahren viel mehr Arbeitskräfte, als dieses Land hervorbringen wird“, sagt Kramer und sprach von 500 000 freien Stellen in Deutschland.

 

Die Realität sieht anders aus. Auf dem Weg zu einem Job in Deutschland haben Flüchtlinge eine Reihe rechtlicher Hürden zu überwinden. Zunächst brauchen sie einen Aufenthaltsstatus und den gibt es nicht von heute auf morgen. Im ersten Vierteljahr nach der Ankunft auf deutschem Boden unterliegen Asylbewerber generell einem Beschäftigungsverbot. Diese Drei-Monats-Frist beginnt an dem Tag, an dem sie ihren Asylantrag stellen. Das kann wegen des großen Ansturms im Moment durchaus eine gewisse Zeit dauern.Im Zuge des Asylverfahrens entscheidet das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Filialen in allen Ernstaufnahme-Einrichtungen der Bundesländer unterhält, ob ein Asylgrund vorliegt. Falls dies nicht so sein sollte, können die Betroffenen unter Umständen auch Flüchtlingsschutz aus humanitären Gründen oder subsidiären Schutz (etwa als Angehörige von Schutzbedürftigen) erhalten. Selbst Flüchtlinge, für die das alles nicht zutrifft, müssen nicht zwangsläufig ausreisen, sofern ein Abschiebehindernis vorliegt. Unter diesen Umständen können sie in den Genuss einer Duldung kommen.

Der Aufenthaltsstatus entscheidet über die Auflagen

Flüchtlinge, denen Asylrecht zugebilligt wird, können uneingeschränkt arbeiten, sobald sie ihren positiven Bescheid erhalten haben. Alle anderen, die eine Aufenthaltserlaubnis oder einen Duldungsstatus aus den genannten Gründen bekommen, können bei der jeweils zuständigen Ausländerbehörde eine Arbeitserlaubnis beantragen. Bevor sie einen Job annehmen, muss allerdings auch die örtliche Arbeitsagentur zustimmen. Diese Auflage entfällt erst nach vierjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik. Für die Arbeitserlaubnis ist zu prüfen, ob der Flüchtling zu den branchenüblichen Bedingungen beschäftigt wird und ob eventuell auch Deutsche oder länger hier lebende Ausländer diesen Job übernehmen könnten. Letzteres nennt sich „Vorrangprüfung“. Die entfällt nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland.Asylbewerber werden in der Arbeitsmarktstatistik nicht gesondert registriert. Allerdings differenziert die Bundesagentur nach Nationalitäten. Demnach wurden im Juni 2015 bundesweit 376 163 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezählt, die aus so genannten Asylzugangsländern kommen. Dazu zählen die Balkanstaaten, Russland, die Ukraine und die wichtigsten Herkunftsländer der meisten Flüchtlinge, wie Syrien, Afghanistan, der Irak, Somalia, Nigeria, Pakistan und Eritrea.

Im August gab es aus diesen Ländern zusätzlich zu den Menschen mit regulären Jobs weitere 384 222 Erwerbstätige. Diese waren entweder selbstständig tätig oder aber geringfügig beschäftigt. 161 000 Asylbewerber waren offiziell arbeitslos gemeldet, 286 607 als arbeitssuchend. Arbeitslose Asylbewerber erhalten Sozialhilfe nach Hartz IV, arbeitssuchende müssen mit etwas weniger Geld auskommen, entsprechend der Sätze des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Flüchtlinge ist binnen Jahresfrist um 8,8 Prozent gestiegen, die der sonstigen Erwerbstätigen aus dieser Klientel um knapp 20 Prozent. Ein ähnlicher Zuwachs wurde bei den Asylbewerbern verbucht, die Arbeit suchen, und bei denen, die arbeitslos gemeldet sind.