Bei der Allianz, ihrem Arbeitgeber, mussten lediglich die Knöpfe im Fahrstuhl tiefer gesetzt werden, damit sie ihren Arbeitsplatz erreichen kann. Im Büro sitzt sie auf einem höhenverstellbaren Tisch, hält das Telefon mit ihren vier Zehen, bedient damit die Maus, macht sich Notizen oder tippt in die Tastatur. Für Christina Ziegler ist das ganz normal, sie hatte noch nie Hände.

Die junge Frau hat nach dem Abitur Wirtschaftsinformatik an der Berufsakademie (jetzt DHBW) Stuttgart studiert. Ihr Ausbildungsbetrieb war bereits die Allianz. Im Oktober 2008 hat sie ihr Studium abgeschlossen und wurde übernommen. Seitdem kümmert sie sich um Beratungssoftware für den Außendienst. "Wir sind die Schnittstelle zwischen Programmierern und Anwendern", beschreibt sie ihren Job. Den macht sie nach Auskunft ihres Vorgesetzten mindestens ebenso gut wie alle anderen. Sie ist gleich schnell und nicht häufiger krank. Christina Ziegler ist ein Beispiel dafür, dass schwerbehinderte Menschen selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Von Gesetzes wegen sind ihnen fünf Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland vorbehalten. So weit die Theorie. Die Praxis sieht häufig ganz anders aus.

Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitnehmern sind verpflichtet, Schwerbehinderte zu beschäftigen. In diesen Betrieben müssen fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt sein. Eine Schwerbehinderung liegt bei über 50 Grad körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung vor. "Rund 135.000 Betriebe müssen Schwerbehinderte einstellen, davon haben 38.000 keinen einzigen", weiß Dorothee Czennia, Referentin Sozialpolitik im Sozialverband VdK Deutschland in Bonn. Firmen, die die Fünf-Prozent-Quote nicht erfüllen, müssen eine Ausgleichsabgabe zwischen 105 und 290 Euro je Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz zahlen. "Viele Arbeitgeber bevorzugen es, sich freizukaufen, wobei die Ausgleichsabgabe keine freiwillige Zahlung ist, die eine Firma der Beschäftigung Schwerbehinderter vorziehen kann", so Czennia. Doch im Alltag wird danach verfahren.