Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut will Defizite beim Arbeitsschutz in Baden-Württemberg beheben. Besser wäre es, wenn Unternehmen nicht gedrängt werden müssten, dem Stress der Beschäftigten Beachtung zu schenken, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Gemessen an den landläufigen Klagen kommt diese Gesellschaft aus dem Stress nicht mehr heraus. Der Wandel der Arbeitswelt scheint viele Beschäftigte zu überfordern. Das Unbehagen hat diverse Gründe: Digitalisierung und Globalisierung verunsichern eine alternde Gesellschaft, der Leistungsfähigkeit und Flexibilität abhandenzukommen scheinen. Bedrohungen werden eher gesehen als Vorteile. Zudem halten die auf Effizienz getrimmten Firmen und Behörden das Personal so knapp wie möglich. Dies rächt sich in einer Phase des Fachkräftemangels, weil dieser zur weiteren Arbeitsverdichtung führt. Zugleich verschwimmen die Grenzen von Arbeit und Privatem – ständige Erreichbarkeit erschwert das Abschalten.

 

Mit ein paar Kontrolleuren mehr ist es nicht getan

All dies verursacht immer mehr Fehltage wegen psychischer Erkrankungen, mit hohen wirtschaftlichen Schäden. So erscheint es folgerichtig, wenn Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut den Ausbau des Arbeitsschutzes in der Gewerbeaufsicht anstrebt – selbst wenn sie im Gegenzug die Arbeitszeiten flexibilisieren will. Mit ein paar Kontrolleuren mehr ist es aber nicht getan. Wichtiger wäre Einsicht der Unternehmen, die ihre Arbeitskultur verändern müssen: mit Transparenz und Dialogfähigkeit – vor allem mit mehr Wertschätzung der Mitarbeiter. Es ist Zeit, dem Stress offensiv den Kampf anzusagen.