Die Debatte um den Vorstoß der CDU zum Arbeitszeitgesetz geht weiter. Die Gewerkschaft Verdi will Politikern nun lebensnah vor Augen führen, was ihre Pläne in bestimmten Berufen bedeuten.

Stuttgart - Die Gewerkschaften im Land haben eine Kampagne gegen die CDU-Pläne zum Arbeitszeitgesetz gestartet. „Alle Argumente sprechen dafür, nicht am Arbeitszeitgesetz zu rütteln“, sagte der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann am Mittwoch in Stuttgart. Verdi-Chef Martin Gross forderte Mitglieder der Landesregierung und Landtagsabgeordnete auf, selbst in einer von seiner Gewerkschaft betreuten Branchen zu arbeiten. „Zwölf Stunden bei der Müllabfuhr, in der Pflege oder einer Kita sind etwas ganz Anderes als zwölf Stunden Politik“, so Gross. „Wir sind sehr gespannt, wer sich traut, mit zu machen.“

 

Hintergrund ist ein Vorstoß von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Darin ist eine tägliche Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden vorgesehen - bislang sind zehn erlaubt. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit soll auf 54 Stunden festgesetzt werden - über einen längeren Zeitraum sollen es aber nicht mehr als 48 Stunden sein. Die CDU will auf der Basis eine Bundesratsinitiative für eine Gesetzesänderung ins Rollen bringen. Dafür braucht es allerdings noch eine Einigung mit dem Koalitionspartner im Land.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andrea Lindlohr, sagte am Mittwoch. „Eine pauschale Ausweitung der Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden lehnen wir ab.“ Das gelte auch für eine mögliche Erhöhung der zulässigen Wochenarbeitszeit. Die Grünen seien nur bereit, dort Flexibilisierungsmöglichkeiten zu diskutieren, wo sie nach Ansicht der beteiligten Tarif- und Betriebsparteien gebraucht werden. Die Gewerkschaften argumentieren, dass das aktuelle Arbeitszeitgesetz genug Freiräume bietet, um flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen.

„Keine Show-Termine“

Verdi hat nun Politiker direkt angeschrieben, um sich an der Aktion zu beteiligen. Die Gewerkschaft will sogar Termine mit der Presse anberaumen, um damit die Kabinettsmitglieder und Landtagsabgeordneten über ihre Erfahrungen berichten können. „Das werden keine Show-Termine werden, wo man oder frau mal ein paar Minuten auf dem Müllwagen mitfährt“, verspricht Gross. Ob Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut sich selbst auf das Angebot einlassen wird, konnte das Ministerium noch nicht sagen.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums bezeichnete die Kampagne als „eine verkürzte und dadurch irreführende Darstellung des Reformvorschlags“. Es werde der Eindruck erweckt, dass künftig jeder Arbeitnehmer täglich 12 Stunden arbeiten müsse. „Das Arbeitszeitgesetz zwingt Beschäftigte nicht zu langen Arbeitszeiten, sondern ermöglicht lediglich deren Vereinbarung“, sagte die Sprecherin weiter. Eine zu Dauerbelastung werde durch die vorgeschlagene Wochenhöchstgrenze von 54 Stunden vermieden.

Die Gewerkschaften betonen hingegen, der Trend gehe auch in den Tarifabschlüssen hin zu einer weiteren Verkürzung von Arbeitszeiten und mehr freier Zeit. Nach dem jüngsten Tarifabschluss in der Metallindustrie hatten sich in Baden-Württemberg mehr als 50 000 Beschäftigte für acht zusätzliche freie Tage statt einer Gehaltserhöhung entschieden.