Ein paar fossile Knochen, die 3,4 Millionen Jahre alt sind, zeigen, wie der Mensch nach und nach den aufrechten Gang entwickelte.

Stuttgart - Für die Vorfahren des Menschen war der entscheidende Schritt zwischen einem Leben im Kronendach des tropischen Regenwaldes und dem Dschungel der Großstädte im 21. Jahrhundert der aufrechte Gang auf zwei Beinen. Und auf diesen Schritt weist der 3,4 Millionen Jahre alte Knochen eines Fußes hin, den Yohannes Haile-Selassie vom Naturkundemuseum Cleveland und seine Kollegen jetzt in der Fachzeitschrift „Nature“ präsentieren.

 

Bisher wusste niemand, wie sich der Kletterfuß eines Schimpansen zur Laufsohle eines Marathonläufers entwickelt hat, weil die Überreste von Füßen nur sehr selten gefunden werden: Genau wie heute die Schimpansen pflegten wohl auch die frühen Vorfahren des Menschen vor einigen Millionen Jahren keine Bestattungskultur. Für Raubtiere und Aasfresser waren daher die Extremitäten der Toten ein gefundenes Fressen, weil ihre kräftigen Kiefer die relativ kleinen Knochen der Hände und Füße leicht knacken und abbeißen konnten. Überreste von Füßen der sehr frühen Menschen sind daher Mangelware.

Früher existierten mehrere Hominiden nebeneinander

Überhaupt kannten die Forscher aus der Zeit vor 3,4 Millionen Jahren nur eine einzige Art, die auf dem Weg zum Menschen war: Australopithecus afarensis wurde durch ein „Lucy“ genanntes Skelett bekannt. Die Füße dieser Art aber ähnelten dem Menschenfuß sehr und hatten vor allem ein Fußgewölbe, das einen federnden Gang ermöglicht und eine große Zehe, die parallel zu den kleinen Zehen noch vorne gerichtet ist und so richtig Schwung für die Fortbewegung auf zwei Beinen gibt.

Die jetzt in Äthiopien gefundenen acht Knochen der vorderen Hälfte eines Fußes aus der gleichen Zeit lassen genau wie bei Australopithecus afarensis und einem modernen Marathonläufer ein Fußgewölbe erahnen. Dieses Wesen konnte daher viel geschickter als heutige Schimpansen auf zwei Beinen laufen. Die große Zehe aber ragte ähnlich wie bei einem Gorilla heute weit zur Seite heraus und konnte so zusammen mit der zweiten Zehe zum Beispiel einen Ast umklammern. Mit einem solchen Fuß fällt das Klettern in den Bäumen viel leichter als mit einem Menschenfuß. Der neue Fund deutet auf eine Übergangsform hin, die vielleicht tagsüber am Boden unterwegs war, bei Gefahr aber geschickt auf Bäume fliehen oder sich dort ein sicheres Nachtlager machen konnte.

Neben Lucy mit ihren modernen Füßen gab es damals offensichtlich auch einen weiteren Typ auf dem Weg zum Menschen, der noch mehr Eigenschaften der Baumkletterer bewahrt hatte. Eine solche Vielfalt unter den Vorfahren der Menschen ist für diese Zeit zwar neu, nicht aber für die jüngere Vergangenheit: Da gab es noch vor 40 000 Jahren gleich vier Menschentypen.