Das Landesdenkmalamt zeigt seine Glanzstücke und gibt einen Überblick über die Funde im vergangenen Jahr.
Esslingen - Dass Baden-Württemberg eine weltweit einzigartige archäologische Landschaft besitzt, hat das Landesdenkmalamt in Esslingen schriftlich. Neben den Pfahlbauten am Bodensee und dem rätischen Limes stehen auf der Unesco-Denkmalliste auch die ältesten Kunstwerke der Menschheit, die Höhlenfiguren von der Schwäbischen Alb.
Nicht von Sensationen, aber von wichtigen Funden war am Donnerstag die Rede bei der Vorstellung des archäologischen Jahrbuchs in Esslingen. Die Vorstellung des Jahrbuchs ist auch eine Art Rechenschaftsbericht darüber, was die baden-württembergischen Archäologen das vergangene Jahr über gefunden haben. Das war erstaunlich viel und der Tatsache geschuldet, dass die Kommunen wegen der anhaltenden Wohnungsnot die Orts- und Stadtkerne verdichten. Deswegen werden viele sogenannte Altsiedelflächen überbaut, die zuvor erforscht werden müssen. Der Regierungspräsident Wolfgang Reimer und Claus Wolf, der Chef des Denkmalamtes, fanden es wichtig, dass sie dabei durch private Firmen unterstützt würden. Immerhin hätten durch das dort eingesparte Geld etwa 50 Stellen im Landesdenkmalamt geschaffen werden können.
Ein Platz sieht aus wie ein Hippodrom
Aber das Publikum wartete auf die Sensationen und der Landesarchäologe Dirk Krausse ließ sie nicht lange warten. So wurde beispielsweise auf der Heuneburg, einem der größten keltischen Siedlungsplätze Europas, ein stadion-ähnlicher Platz entdeckt, zu dem eine befestigte keltische Straße führt. Für Dirk Krausse liegt es nahe, diesen Platz als Hippodrom zu interpretieren, einem Ort für Pferde- und Wagenrennen. „Wir haben auf der Heuneburg die älteste Lehmziegelmauer nördlich der Alpen gefunden, warum soll es da nicht auch ein Hippodrom gegeben haben.“
Ebenso vielversprechend waren die Grabungen am Rosenstein bei Heubach auf der Ostalb. Auch dort könnte sich ein gigantischer frühkeltischer Herrschaftssitz befunden haben, wie beispielsweise der am Heidengraben, der zwischen den Landkreisen Esslingen und Reutlingen liegt.
„Crescas – Du mögest wachsen“, steht auf einem römischen Ring, den einst ein kleines Kind getragen hat und der in Aalen gefunden wurde. Eine Hoffnung der stolzen Eltern, die sich wohl nicht erfüllt hat. „Einen kleinen historischen Roman könnte man um diesen Ring schreiben“, befand Dirk Krausse. Auch in Remseck/Neckargröningen rührt die Tragik der Funde auch heute noch die Menschen an. Das Skelett einer etwa 25 Jahre alten Frau, auf dem ein zwölf Jahre altes Kind liegt. Es sieht aus, als seien die zwei in eine Abfallgrube gestoßen worden und würden sich im Tode noch die Hände halten. Wie Sand am Meer gebe es noch mittelalterliche Relikte im Land. „Wir lassen sie meist unberührt“, erklärt Dirk Krausse, weil die Funde meist so reichhaltig seien, dass sie zu viele Kräfte der Archäologen binden würden.
Vergebung der Sünden
In Pforzheim jedoch musste wegen der Bebauung des Rathaushofes gegraben werden. Dort wurde ein abgegangenes Dominikanerkloster erforscht. Unter anderem kam dort eine durchbohrte Jakobsmuschel zum Vorschein, die zeigt, dass sich schon im Hochmittelalter Gläubige aus Süddeutschland zu Fuß auf den 2400 Kilometer langen und gefährlichen Weg nach Santiagio de Compostela machten, um dort die Vergebung ihrer Sünden zu erflehen.