Bei Bauarbeiten für ein Gewerbegebiet sind menschliche Überreste aus der Zeit der Kelten entdeckt worden. Den Forscher gegen die Knochen viele Rätsel auf.

Remseck - Warum die drei Menschen so pietätlos begraben wurden, weiß Christian Bollacher nicht. Klar ist für den Archäologen aber: Normale Gräber sind das, was seine Kollegen nahe des Neckars im Remsecker Stadtteil Neckargröningen gefunden haben, nicht.

 

Drei Skelette, von einem Mann, einer Frau und einem etwa sechs Jahre alten Kind, lagen nahezu perfekt erhalten in der Erde. Bollacher, der beim Landesamt für Denkmalpflege des Stuttgarter Regierungspräsidium arbeitet, schätzt ihr Alter auf das Jahr 500 vor Christus, also eine Zeit, zu der die Kelten in Remseck siedelten. Dafür sprechen auch die Überreste von zwei Siedlungen, die ebenfalls gefunden wurden. Ursprünglich hatten die Forscher mit Funden aus einer anderen Epoche gerechnet: Bereits in den 1970er-Jahren wurden in dem Areal Überreste aus der Jungsteinzeit ausgegraben. Als nun die Erweiterung des Gewerbegebiets Rainwiesen anstand, steckten die Forscher ein gut ein Hektar großes Gelände ab – und machten die deutlich jüngeren Funde.

„Es wirkt, als wären sie verscharrt worden“

Ungewöhnlich ist nicht nur das Alter der drei Skelette, sondern auch die Art der Bestattung. Denn die Knochen lagen mitten in den Überresten einer Siedlung, in einem umgekehrten Trichter aus Ton, der offenkundig als Getreidelager in den Boden gegraben worden war. Später diente er wohl als Abfallgrube – in der die Toten entsorgt wurden. „Es wirkt, als wären die drei verscharrt worden“, sagt Bollacher.

Siedlungsbestattungen sind laut dem Archäologen für die Zeit der Kelten ungewöhnlich, vielmehr seien die Toten in der Regel in Grabhügeln bestattet worden, außerhalb des Dorfes. Warum das im Remsecker Fall nicht geschah, können die Archäologen derzeit nicht beantworten.

Auch sonst gibt der Fund Rätsel auf, etwa das nach der Beziehung zwischen den drei Verblichenen. Klar sei, dass alle zur selben Zeit beerdigt wurden, sagt Bollacher. Ob die drei Menschen eine Familie waren, sei aber Spekulation. Ungeklärt ist auch, wie sie ums Leben kamen. Verletzungen an den Knochen konnten die Archäologen nicht ausmachen, für Bollacher ist es aber durchaus wahrscheinlich, dass die drei eines unnatürlichen Todes starben.

Im Rathaus freut man sich über den Fund, auch wenn die Stadt die Kosten für die Ausgrabung trägt: „Das Gelände am Neckar war offensichtlich schon zu allen Zeiten ein beliebter Siedlungsort“, sagt der Oberbürgermeister Dirk Schönberger.

Stadt und Land einigen sich

Areal
Die Erweiterung des Gewerbegebiets Rainwiesen umfasst rund 4,5 Hektar, etwa 32 000 Quadratmeter Baufläche sollen von Sommer an zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Erweiterung schätzt die Stadt auf 5,5 Millionen Euro. Laut dem Oberbürgermeister Dirk Schönberger gibt es großes Interesse an den zusätzlichen Gewerbeflächen.

Umbau
Damit das erweiterte Gewerbegebiet künftig gut angefahren werden kann, muss die Landesstraße 1100 teilweise umgebaut werden. Problematisch ist vor allem die Abzweigung zur Straße Rainwiesen – sie liegt zu nahe an einer Brücke, die hier über den Neckar führt. Ende 2017 einigten sich die Stadt und das Land darauf, den Knotenpunkt nach Süden, in Richtung des Stadtteils Neckargröningen, zu verlegen. An den Kosten dafür beteiligt sich das Land pauschal mit 1,5 Millionen Euro.