Extrem rural, extrem urban: Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die zeitgenössische Baukunst Norwegens. Eine Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main rückt sie in den Fokus – sehenswert!

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Frankfurt - Die sensible Vereinigung von Gebautem und Landschaft, ein starkes Gespür für Materialien, Haptik, Details: All dies zeichnet die Baukunst Norwegens aus, und weil Holz traditionell ihr bevorzugter Baustoff ist, war sie schon immer ökologisch. Wie ein wärmendes Kleid legt sich etwa das Holz um das Weekend House Straume von Knut Hjeltnes Architekten und schützt es vor dem Meer, gleichzeitig rückt das Ferienhaus gefährlich nah ans Wasser und die Natur heran, um an deren Erhabenheit teilzuhaben. Es ist eines der Projekte, die in der Schau „In norwegischen Landschaften“ bis 19. Januar im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main zu sehen sind (geöffnet Di, Do–So 10–18, Mi 10–20 Uhr). Die Ausstellung ist Teil des Kulturprogramms der Frankfurter Buchmesse, deren Ehrengastland Norwegen ist.

 

Hohe handwerkliche Qualitäten

Das Wochenendhaus Straume, das auf einem der Witterung ausgesetzten Holm an der Küste von Sunnmøre liegt, steht auf den Grundmauern eines alten Bootshauses. Die Denkmalschutzbehörde forderte, dass der Neubau die Form und Größe des alten Bootshauses beibehalten müsse. Äußerlich passt sich das Haus den traditionellen Nutzgebäuden in der Region an. Doch wenn die Schiebetüren geöffnet werden, findet sich dahinter ein Außenbereich mit Außenküche und Essplatz. Der Bereich kann je nach Wetter, Windrichtung und Wellenhöhe geöffnet oder geschlossen werden. Die sieben Stahlrahmen des Hauses wurden von einer Werkstatt an Land gefertigt und montiert, die ansonsten für die Ölförderindustrie arbeitet. Das moderne Haus zeugt von hoher handwerklicher Qualität: mit ausgefallenen, in Holz gearbeiteten, Details werden regionale Bautraditionen fortgeführt und gleichzeitig lokale Industrie- und Technologiekompetenzen genutzt.

Wasserkraftwerk und Leichenhalle

In der sehenswerten Ausstellung kontrastieren Bauten in entlegenen, fast unberührten Landschaften mit solchen, die sich in der zunehmenden Dichte von Städten behaupten müssen – ein Gegensatz, der im Untertitel „Hunting high and low“ anklingt. Ein Wasserkraftwerk ist genauso vertreten wie eine Leichenhalle, zeitgenössische Projekte stehen Bauten großer Architekten der Vergangenheit gegenüber.