Warum dann diese Wut auf Tebartz-van Elst und seinen Amtssitz? Weil, so steht zu vermuten, hier überhaupt ein Bauherr greifbar war, im Gegensatz zu Projekten der öffentlichen Hand, wo es im Zuständigkeitswirrwarr selbst für einen Aufsichtsratsvorsitzenden leicht ist, jede Verantwortung von sich zu weisen. Und weil der Bischof herumlaviert und die wahren Kosten verschleiert hatte – ein verhängnisvoller Fehltritt, da mit Kirchenvertretern von den Medien besonders unbarmherzig ins Gericht gegangen wird, wie in anderem Zusammenhang etwa Margot Käßmann erfahren musste. Die Architektur jedenfalls wurde gleich mit in Haftung genommen für Tebartz’ Verfehlungen. In Wahrheit aber, so stellte eine Prüfkommission im Nachhinein fest, konnte von einer Kostenexplosion nicht die Rede sein; dass die anfangs genannten fünf Millionen völlig unrealistisch waren angesichts eines Bauprogramms, das unter anderem die denkmalgerechte Instandsetzung der einsturzgefährdeten Alten Vikarie, eines der wertvollsten Fachwerkhäuser der Limburger Altstadt aus dem Jahr 1428 miteinschloss, muss jedem klar gewesen sein, der eine leise Ahnung hat, was Bauen in Deutschland kostet. Zu sehen sind in der Ausstellung daneben Aufnahmen von sorgfältig geplanten, gediegenen Neubauten. Protzig wirken sie an keiner Stelle.

 

Man kennt das Spiel aus der Politik: Projekte der öffentlichen Hand werden aus Gründen der Opportunität heruntergerechnet, an der anschließenden „Kostenexplosion“ sind dann andere schuld. Fatale Nebenwirkung dieser Taktiererei: architektonische Qualität spielt in der öffentlichen Rezeption keine Rolle mehr, sondern weckt – im Gegenteil – Ressentiments, da sie im Verdacht steht, unnötiger Luxus, verzichtbare Zusatzleistung und somit die Ursache für davongaloppierende Kosten zu sein. Architektonische Qualität setzt sich folglich in den Köpfen als etwas fest, das sich die Gesellschaft nicht leisten kann.

Architektur ist „unheilbar öffentlich“

Vergessen wird dabei, dass Architektur eine „unheilbar öffentliche“ Angelegenheit ist, wie der Stuttgarter Architekt Max Bächer schrieb: „Schlechte Architektur ist visuelle Umweltverschmutzung. Verarmung an architektonischer Qualität ist eine Verarmung an Lebensqualität. Auch von daher gesehen hat Architektur einen gesellschaftlichen Auftrag.“ Von dem vielgescholtenen Limburger Bischofssitz hat darum auch die Stadt etwas : Sie ist schöner geworden und kann, wie eine Kollektion von Schnappschüssen der gebauten Limburger Alltagstristesse in der Weißenhof-Schau dokumentiert, diese Aufwertung gebrauchen. Nicht zuletzt hat der Dom, eine der großartigsten Schöpfungen spätromanischer Baukunst, auf den die Limburger zu Recht stolz sind, mit dem von dem Architekten Michael Frielinghaus geplanten Bischofssitz endlich ein würdiges Gegenüber erhalten. Zu vermitteln, dass er nicht nur den Repräsentationsbedürfnissen ihres Führungspersonals, sondern auch der Allgemeinheit dient, sollte die Kirche sich zur Aufgabe machen. Es könnte ihrem ramponierten Ruf wieder aufhelfen.