Die Stuttgarter ifa-Galerie gibt einen Einblick in die Entwurfspraxis des Studio Mumbai

Stuttgart - Bijoy Jain hat nach seinem Architekturstudium in St. Louis bereits drei Jahre bei Richard Meier gearbeitet, hierzulande am besten bekannt durch das Ulmer Stadthaus. Er hätte in den USA oder in England bleiben können wie andere indische Architekten. Aber irgendetwas machte ihn unzufrieden. Er ging zurück nach Indien und gründete dort ein Büro, das sich seit 2005 Studio Mumbai nennt.

 

Ungewohnte Präsentation

Die Präsentation seiner Arbeit in der Ifa-Galerie unterscheidet sich grundsätzlich von anderen Architekturausstellungen. Links zieht sich ein Regal längs durch den Raum. Darauf stehen kleine Objekte aus Ton, Holz und Kupfer, Modelle und Materialproben, Gläser mit Farbpigmenten, Werkzeuge und Beschläge: ein sehr sinnlicher Anblick, der zum Anfassen reizt, doch das ist nicht gestattet. Rechts sind auf einem parallelen Tisch etwas größere Modelle, auch Geländemodelle zu sehen, aus denen die Lage der Bauten hervorgeht. Dazwischen und weiter hinten finden sich einzelne Objekte im Maßstab eins zu eins: ein schwarzer Teerblock, eine Probe für ein mit Kupferblechen bekleidetes Haus, mit Klebeband angefertigte Skizzen. Pläne auf Papier sind nirgends zu sehen. Wer sich für die realisierten Gebäude des Studios Mumbai interessiert, muss mit Videos und den Modellen vorliebnehmen.

Dies hängt mit der Arbeitsweise des Studios Mumbai zusammen, in dem vor allem Handwerker arbeiten. Er hatte schon über zweihundert Mitarbeiter, sagt Jain, aber er muss die Arbeit koordinieren, daher hat er die Zahl derzeit auf 25 reduziert, darunter sieben Architekten. Die Handwerker führen nicht etwa nur seine Entwürfe aus. Vielmehr beschreibt Jain die Tätigkeit als gemeinsames Forschen, als kollektives Einfühlen in die Notwendigkeiten des jeweiligen Vorhabens. Handwerkliches und architektonisches Wissen wirken zusammen. Die eigentlichen Bauaufgaben sind für ihn eher Nebenprodukte, auch wenn er, im vorigen Jahr auf der Architekturbiennale in Venedig vertreten, mittlerweile auch an einem Hochhaus im chinesischen Zhengzhou und am Umbau eines Klosters in Nizza arbeitet.

Sorgfalt geht vor

Die Ausstellung ist bereits gewandert, sie entstand ursprünglich vor drei Jahren in Bordeaux. Nicht die neuesten Bauten stehen im Mittelpunkt, und überhaupt hat Jain nicht sehr viel gebaut. Er arbeitet sehr gründlich, sorgfältig. Für das Palmyra-Haus etwa, bei Mumbai am Meer, ließ er auf dem Grundstück sämtliche Bäume stehen und stellte zwei längliche Baukörper mit Außenwänden aus luftdurchlässigen Holzlamellen dazwischen. Das Dach besteht aus leichtem Palmenholz, die Rinde, einmal im Jahr geölt, hält auch dem Monsunregen stand. Solche Kenntnisse stammen aus dem Wissen der Handwerker, wie Jain es nicht nur in Indien, sondern überall auf der Welt vorfindet. In den Modellen, den Werkproben, den fertigen Gebäuden, so der Architekt, steckt die geistige Energie derjenigen, die daran gearbeitet haben.