Dreißig Architekturbüros sind aufgefordert, Pläne und Modelle für einen Neubau der weltweit renommierte Ballettschule zu entwerfen.  

Stuttgart - Zwei Jahre vor seinem plötzlichen Tod 1973 hatte der legendäre Choreograf und Ballettdirektor John Cranko eine Idee: "Ohne eigenen Nachwuchs hat unsere Compagnie keine Zukunft. Deshalb müssen wir ein Institut gründen, in dem junge Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt gründlich ausgebildet und auf ihren schönen aber schweren Beruf vorbereitet werden." Am 1. Dezember dieses Jahres feiert die John-Cranko-Schule ihr 40-jähriges Bestehen. Und alles deutet darauf hin, dass diese weltweit renommierte Ballettschule zum Geburtstag von Stadt und Land einen Neubau am Urbansplatz geschenkt bekommt.

 

Doch ehe es soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Immerhin, nach langem und zähem Suchen ist geeigneter Grund und Boden gefunden worden, der dem Land gehört: Rund 9300 Quadratmeter oberhalb des Urbansplatzes, neben der alten Musikhochschule - fünf Minuten zu Fuß von der Oper entfernt. Auf dem Areal stand ehemals ein Wasserwerk; und weil dieses Grundstück genau in einer für die Innenstadt wichtigen Frischluftschneise liegt, sollen nur 5900 Quadratmeter davon bebaut werden.

"Wir wollen das Ergebnis noch in diesem Jahr haben"

Diese und andere Zahlen, Daten und Fakten kamen am Dienstag im Rathaus auf den Tisch, als der Technikausschuss des Gemeinderats darüber informiert wurde, dass Ende Mai der Architektenwettbewerb startet. Stadt und Land werden dreißig angesehene Büros aus dem In- und Ausland zur Teilnahme auffordern. Sie sollen sich Gedanken darüber machen, wie beim Urbansplatz folgendes Raumprogramm zu verwirklichen wäre: Ein 700 Quadratmeter großer Ballettsaal, in dem auch öffentliche Veranstaltungen stattfinden können; dazu ein halbes Dutzend kleinerer Trainingssäle, nicht zu vergessen Schulungs- und Wohnräume für das Internat, für die Verwaltung sowie diverse Nebenräume. Schließlich hat die John-Cranko-Schule heute rund 150 Schülerinnen und Schüler aus fast allen Kontinenten, 50 Lehrer unterrichten sie. Übrigens, in dem großen Saal soll auch die arrivierte Compagnie bessere Probenbedingungen vorfinden als im Ballettsaal der Staatsoper. Ilse Lange-Tiedje von der staatlichen Hochbauverwaltung Vermögen und Bau sagte am Dienstag vor den Stadträten: "Ende Mai wollen wir diesen Architektenwettbewerb ausschreiben. Im November soll das Preisgericht tagen und eine Entscheidung fällen, wir wollen das Ergebnis noch in diesem Jahr haben." Und auf die Frage des CDU-Kultursprechers Jürgen Sauer, was das Projekt denn kosten werde, sagte die Amtschefin: "Wir gehen von 25 Millionen Euro aus, die sich Stadt und Land nach dem Staatstheatervertrag teilen."

Allerdings gibt es in den Haushalten von Stadt und Land bis dato noch kein Geld für den Neubau der John-Cranko-Schule. Aber auf beiden Seiten ist man wohl entschlossen, die miserablen räumlichen Verhältnisse, die die Schule seit vielen Jahren in dem Haus Urbanstraße 94 ertragen muss, nicht länger hinzunehmen als unbedingt notwendig. Über den genauen Baubeginn, so Lange-Tiedje, lasse sich jetzt jedoch noch nichts sagen.

"Neubau ist mehr als notwendig"

Apropos Geld: Roswitha Blind, die Chefin der SPD-Ratsfraktion, appellierte am Dienstag an Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU): "Der Oberbürgermeister muss sich dieses wichtige Kulturprojekt zu eigen machen und es offiziell zum neuen Doppelhaushalt 2012/13 anmelden." Dann könne der Gemeinderat darüber befinden. Jürgen Sauer von der CDU ging freilich schon einen Schritt weiter: "Nach der Sanierung des Schauspiels und der Oper, für die Stadt und Land 55 Millionen Euro investieren, wäre der Neubau der Cranko-Schule ein weiteres, wichtiges Signal - dieser Neubau ist mehr als notwendig."

Michael Kienzle, der Kultursprecher der Grünen, lenkte den Blick auch auf das Umfeld am Urbansplatz: "Der Standort ist gut, das Areal ist schön. Aber wir wollen auch, dass die Grünfläche am Urbansplatz in die Planungen einbezogen wird, ebenso der Verkehr in diesem Quartier." Der Neubau allein genüge nicht. Der Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) sagte: "Wir brauchen für dieses Projekt einen neuen Bebauungsplan - das Baurecht liegt also ganz beim Gemeinderat." Am 17. Mai, so kündigte Hahn an, werde sich der Technikausschuss noch einmal mit der Ausschreibung des Architektenwettbewerbs beschäftigen. Man wolle alles so gründlich vorbereiten wie nur möglich.