Endlich sind sie wieder da: Sherlock Holmes und Dr. Watson ermitteln in der ARD. Drei StZ-Autoren sagen, warum sie die Krimiserie der BBC vermisst haben.

Stuttgart - Alles wird gut! Denn sie sind wieder da: nach dem riesigen Erfolg im vergangenen Sommer kommen nun drei neue Folgen der BBC-Krimiserie um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes und seinen Kollegen Dr. Watson ins ARD-Programm. Die erste Folge der neuen Staffel („Ein Skandal in Belgravia“) läuft am Donnerstagabend um 20.15 Uhr. Cool, clever, witzig ermitteln die beiden im London von heute. An dieser Stelle erklären drei StZ-Autoren, warum sie Sherlock so vermisst haben.

 

Werner Birkenmaier: Verstand statt Nostalgie

Weil mich die im vergangenen Sommer von der ARD ausgestrahlte BBC-Serie über Sherlock Holmes mit Benedict Cumberbatch in der Titelrolle so beeindruckt hat, erwarte ich nun mit Spannung die zweite Staffel. Sherlock Holmes, das war lange Zeit der Mann, wie ihn Basil Rathbone in den dreißiger und vierziger Jahren verkörperte: der einzeln-gängerische Detektiv aus der Bakerstreet mit Shag-Pfeife und karierter Deerstalker-Mütze, der im nebelverhangenen London scharfsinnig Kriminalfälle löst, an denen Scotland Yard scheitert. Diese Filme sind heute nur noch von nostalgischem Wert.

Aber Sherlock Holmes, den Arthur Conan Doyle in die Literatur eingeführt hat, verschwindet nicht einfach, weil er eine Figur mit nie auszählbaren Möglichkeiten darstellt. Als junger Leser war ich begeistert – eine Begeisterung, die bis heute anhält – von der Unabhängigkeit dieses Individualisten, der sich nur bedingt an die Regeln der Gesellschaft hält. Sherlock Holmes ist der Urtyp des Detektivs, der die deduktive Ermittlungsmethode und damit die Wissenschaft in die Polizeiarbeit eingeführt hat.

Weil er, von seinem gelegentlichen Kokainkonsum abgesehen, so durch und durch rational angelegt ist, lässt er sich in unsere heutige Zeit problemlos übertragen. Der BBC-Dreiteiler, der Sherlock Holmes aus dem 19. ins 21. Jahrhundert transportiert hat, beweist das zur Genüge. Der Detektiv ist ganz und gar ein Typ von heute, ein junger Mann mit einem schwarzen Lockenkopf, der Smartphones und schicke Laptops benützt und sich ein Vergnügen daraus macht, die Mordtheorien, die Inspector Lestrade von New Scotland Yard der Presse vorträgt, per SMS zu zerpflücken.

Nun erwarten wir die zweite Staffel, die uns schon deshalb in Spannung versetzt, weil wir wissen, dass im Hintergrund ein geniales Verbrechergehirn lauert, das Conan Doyle-Leser leicht als Sherlock Holmes‘ großen Gegenspieler Professor Moriarty identifizieren können.

Tim Schleider: Cool, clever, spannend

Und es war Sommer. Er war 2011, und ich 49. Eigentlich wollte ich gar nicht fernsehen. Schon gar keine Krimiserie im Ersten. Denn es gibt im Ersten grundsätzlich keine guten Krimiserien. Einfach nur mal eben zehn Minuten am Anfang reinzappen, damit ich hinterher garantiert einschlummern kann. Und dann die große Überraschung: Ja, hallo, was ist das denn? Der coolste, cleverste, spannendste TV-Thriller, den ich seit ewigen Zeiten gesehen hatte: „Sherlock“ von der BBC. Eine moderne Sherlock-Holmes-Erzählung im Hier und Jetzt. Ich konnte nicht früher als nach der allerletzten, der neunzigsten Minute abschalten. Und war schon süchtig nach den Fortsetzungen wie der Meister nach seiner Spritze.

Am Abend des Himmelfahrtstages geht es nun endlich in die zweite Runde. Warum man die auf keinen Fall verpassen darf? Natürlich auch, weil die Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch und Martin Freeman auf ganz unterschiedliche Art so superheiße Feger sind. Vor allem aber, weil das britische Fernsehen hier zeigt, wie intelligent und wirklich spannend TV-Unterhaltung sein kann, die ihre Zuschauer ernst nimmt und durch vielschichtige Figuren, ungewöhnliche Perspektiven und scharfe Schnitte ebenso fordert wie brillant unterhält. Die uralten Detektivgeschichten von Conan Doyle – genau so muss man sie heute erzählen. Auch der Autor auf seiner Wolke wird hüpfen vor Vergnügen.

Marc Hippler: Rolls Royce mit iPhone-Anschluss

Wäre Sherlock Holmes ein Automodell, sagen wir von Rolls Royce, er hätte bis zum vergangenen Sommer nur noch historischen Wert für mich gehabt. So nach dem Motto: Gut zu wissen, dass man sich früher beim Herstellen mal so viel Mühe mit präziser Technik und elegantem Design gegeben hat. Aber zeitgemäß war das ja wohl schon lange nicht mehr. Doch dann setzte die BBC (und zum Glück auch die ARD) einen derart modernen Schlitten auf die Straße, dass man sich ans alte Modell gar nicht mehr erinnern musste, um fasziniert zu sein. Wer trotzdem die Aura von damals entdeckt, hat vermutlich noch ein bisschen mehr davon.

Dieser Sherlock ist der richtige Detektiv fürs 21. Jahrhundert: Schnell, cool und blitzgescheit. Was mir besonders gut an der BBC-Serie gefällt: sie sieht unglaublich gut aus. A Beautiful Mind trifft Matrix. Wenn Sherlock Hunderte Zettel an der Wand kleben hat und Leuchtstreifen Verbindungen zwischen ihnen herstellen, die vom Meisterdetektiv entdeckt werden wollten, macht das Zuschauen echt Spaß. Und die Schnitte, die so schlau kombiniert sind wie Sherlocks Indizien, können einem schon mal Gänsehaut bereiten. Ein Rolls Royce mit Brennstoffzelle und iPhone-Anschluss. Ungefähr das ist „Sherlock“. Unbedingt ansehen!