Die ARD hat Thomas Gottschalk 2012 mehr als zwei Millionen Euro geschenkt – obwohl dessen Vorabendshow „Gottschalk Live“ gefloppt und vorzeitig abgesetzt worden war.

Stuttgart - Einige seiner Fans werden sich womöglich Sorgen gemacht haben, als Thomas Gottschalk kürzlich bei seiner RTL-Geburtstagsshow verkündete, er werde wohl nicht mehr als 700 Euro Rente im Monat bekommen. Tags zuvor hatte man allerdings Gelegenheit, Frauke Ludowig bei einem Exklusivbesuch auf dem großzügigen Anwesen des Moderators im kalifornischen Malibu zu begleiten. Bei der Gelegenheit war zu erfahren, dass Gottschalks Grundstück zu den größten in dieser sündhaft teuren Gegend gehört. Wie er Müllgebühren und Stromrechnung bezahlt, ist nun auch bekannt: Ausgerechnet der öffentlich-rechtliche WDR hat den TV-Star 2011 mit einem Vertrag ausgestattet, dessen Großzügigkeit sich in der Größenordnung eines Lottogewinns bewegt.

 

Nach seinem Abschied von „Wetten, dass . . ?“ war Gottschalk zur ARD zurückgekehrt, um dort von Januar 2012 an die tägliche Vorabend-Talkshow „Gottschalk Live“ zu moderieren. Das Konzept der Sendung war schlicht. Offenbar gingen alle Beteiligten davon aus, dass der große Name allein genüge, um sowohl ein großes Publikum als auch prominente Gäste anzulocken. Funktioniert hat die Show allerdings nur eine Ausgabe lang: Zum Auftakt hatte Gottschalk fast 4,5 Millionen Zuschauer; schon am nächsten Tag waren es nur noch knapp 2,5 Millionen, und dann wurden es von Mal zu Mal weniger. Im Mai schalteten mitunter gerade noch 500 000 Unbeirrbare ein, im Juni war dann nach siebzig Folgen Schluss.

Im Grunde ist das ein ganz normaler, fast alltäglicher Vorgang im Fernsehen. Ein Sender probiert ein neues Konzept, das Publikum nimmt die Sendung nicht an, also wird sie abgesetzt. Auch andere Fernsehgrößen sind gegen ein solches Schicksal nicht gefeit; Frank Elstner zum Beispiel ist es mit seiner ZDF-Show „Nase vorn“, für die er „Wetten, dass . . ?“ einst an Gottschalk übergeben hatte, 1990 nicht besser ergangen. Neu ist allerdings, dass Gottschalk für sein gescheitertes Vorabendformat auch dann noch Gage kassierte, als die Sendung längst nicht mehr lief.

Deal am Rundfunkrat vorbei

Durch die Hartnäckigkeit der rührigen Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) sind nun Details aus den Verhandlungen zwischen dem WDR und dem Moderator bekannt geworden. Demzufolge war offenbar von Anfang an vorgesehen, dass Gottschalk sein Gesamthonorar in Höhe von 4,6 Millionen Euro für die geplanten 144 Folgen auch für den Fall einer vorzeitigen Absetzung bekommen sollte. Außerdem habe die Vereinbarung zwei Abendshows vorgesehen, die aber nie realisiert wurden, weil Gottschalk nach dem Ende von „Gottschalk Live“ in die Jury der RTL-Castingshow „Das Supertalent“ wechselte. Auch für diese beiden – ausgefallenen – Shows sei ihm ein Honorar in Höhe von insgesamt 400 000 Euro gezahlt worden.

Schon vor dem Start der Vorabendsendung war kritisiert worden, dass der Sender den Deal am Rundfunkrat vorbei eingefädelt hatte. Das Aufsichtsgremium konnte seiner Pflicht nicht nachkommen, weil nicht der WDR, sondern die ARD-Tochter Degeto im Auftrag der ARD-Werbegesellschaften – darunter die WDR-Tochter WDR Mediagroup – den Vertrag abgeschlossen hatte. Diesen Weg geht die ARD gern, wenn sie vermeiden will, dass teure Details bekannt werden. Der schwarze Peter liegt jetzt beim Intendanten Tom Buhrow, der nun rechtfertigen soll, dass seine Vorgängerin Monika Piel derart viel Geld verbrannt hat, weil sie Gottschalk offenbar um jeden Preis haben wollte.

Grotesk hoher Stundenlohn

Das Papier, auf das sich die AG Dok beruft, ist eine Absichtserklärung zwischen Gottschalk und der WDR Mediagroup. In einer Stellungnahme hat der WDR die Grundzüge dieser Vereinbarung gestern bestätigt, nicht jedoch die Höhe der Honorare, weil der Sender bei Verträgen mit externen Produzenten an Verschwiegenheitsklauseln gebunden sei. Die Überlegungen zu den beiden Abendshows seien jedoch nicht Gegenstand des Vertrags gewesen, daher seien auch die entsprechenden Honorare nie gezahlt worden. Aber selbst wenn „Gottschalk Live“, wie der WDR betont, ausschließlich mit Werbeeinnahmen finanziert worden ist und nicht mit Gebührengeldern – unterm Strich bleiben immer noch gut 2 Millionen Euro, die die ARD Gottschalk geschenkt hat und die daher an anderer Stelle fehlen. Abgesehen davon ergeben 4,6 Millionen Euro für 144 Sendungen à 25 Minuten einen grotesk hohen Stundenlohn von fast 80 000 Euro.

Dabei beklagen ARD und ZDF seit geraumer Zeit, sie seien trotz ihrer Gebühreneinnahmen von weit über 7 Milliarden Euro pro Jahr unterfinanziert. Buhrow geht davon aus, dass allein der WDR in den nächsten Jahren eine Milliarde einsparen müsse. Von den Kürzungen sind quer durch alle Sender vor allem die Redaktionen betroffen, jene Bereiche also, die herstellen, wofür ARD und ZDF das ganze Geld bekommen: das Programm.

Auf der anderen Seite werden Kritiker des öffentlich-rechtlichen Finanzgebarens nicht müde, auf überflüssige Ausgaben hinzuweisen. In solchen Zusammenhängen fällt unweigerlich der Name Günther Jauch, der sich für seine Sonntags-Talkshow kaum schlechter bezahlen lassen wird als sein Freund Gottschalk. Moniert wird auch, dass sich das ZDF für geschätzte 50 Millionen Euro pro Jahr die TV-Rechte an der Champions League gesichert hat, die zuvor bei Sat 1 gut aufgehoben war. Es sind gerade solche Summen, die den Gegnern des Gebührenfernsehens recht geben; da bedarf es nicht auch noch großzügiger Geldgeschenke für ohnehin überbezahlte Moderatoren.