Die CDU konnte die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt klar für sich gewinnen. Anne Will fragt in ihrer Talkshow am Sonntagabend: „Wie wirkt sich die Stimmung bei den Bürgern auf die anstehende Bundestagswahl aus?“

Stuttgart - Es ist die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im September – die Ergebnisse der Wahl in Sachsen-Anhalt entsprechend wichtig. Anne Will fordert ihre Gäste Volker Bouffier (CDU), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Sahra Wagenknecht (Die Linke), Tino Chrupalla (AfD) und Nadine Lindner (Korrespondentin im Deutschlandradio) deshalb dazu auf, eine Analyse der eigenen Erfolge oder Misserfolge zu schildern. Das gelingt nicht allen Anwesenden.

 

Schnell läutet Robert Habeck das eigentliche Problem ein: die Wahlbeteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Sie lag bei nur bei 41 Prozent. „Die Gesellschaft insgesamt, Deutschland, hat nach 30 Jahren der Wiedervereinigung noch keine Antwort auf sehr starken, auseinanderfallenden Debatten gefunden“, sagt Habeck.

Wie eine Statistik in der Sendung zeigt, fühlen sich 74 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Osten als Bürgern zweiter Klasse. Ganze 75 Prozent finden, dass Wirtschaft und Politik zu sehr im Westen bestimmt wird. Habeck bezieht sich dabei vor allem auf die Aussage des Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz. Ein weiter Teil von Ostdeutschland sei für die Demokratie verloren, zitiert Habeck. Dies sei ein „krasses Aufgeben und Ausblenden der letzten dreißig Jahre“.

Mehr als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler unzufrieden

51 Prozent der Wählerinnen und Wähler aus Sachsen-Anhalt seien laut einer Statistik unzufrieden mit der Repräsentanz ihrer Interessen, erklärt Habeck. Volker Bouffier hingegen zeigt sich nicht überrascht von der geringen Wahlbeteiligung. Er erklärt sich „zufrieden mit dem Ergebnis der Union“.

Mit dem eigenen Ergebnis ist auch Tino Chrupalla zufrieden: Laut des AfD-Politikers habe die Wählerschaft der AfD in Sachsen-Anhalt im Alter zwischen 18 und 24 Jahren stark zugelegt.

„Die AfD ist aufgrund ihrer starken Position klar erkennbar. Alles andere wird eher als Einheitsbrei wahrgenommen. Hierbei nehmen manche den rechten Teil in Kauf“, analysiert hingegen Lindner. Bouffier möchte nun von ihm wissen: „Erklären Sie mir mal, weshalb junge Menschen die AfD wählen?“ Sofort interveniert Chrupalla und möchte sich erklären. „Er hat jetzt mich gefragt“, ergreift Lindner sofort das Wort.

Was für einen Aufreger sorgt: Lindner argumentiert mit der Herkunft der jungen Wählerschaft – ein Wahlverhalten könne „vererbt“ werden. Hiervon distanzierten sich alle weiteren Gäste.

Keine Distanz zu Rechts

Ob die AfD rechtsradikales Gedankengut vertritt, fragt Anne Will ihren Gast Chrupalla. Dieser antwortet zuerst nicht auf die Frage, umgeht sie damit, welch ein „sensationelles Ergebnis“ sie bei der Landtagswahl erzielten. Die lässt Will jedoch nicht auf sich sitzen und hackt nochmals nach. „Natürlich distanzieren wir uns von diesen Dingen. Worauf wollen Sie denn hinaus?“, hinterfragt Chrupalla.

Anne Will zählt die Forderungen des AfD-Wahlprogramms auf, während Habeck den Kopf schüttelte: Bezweiflung des Coronavirus, Impfungen seien „fast genauso schlimm“ wie Infektionen und Kinder von Migranten sollten direkt in Sonderklassen geschickt werden. Chrupalla antwortet: „Nein, ich distanziere ich mich nicht davon. Ich stehe für meine Partei ein. Wir haben sicher andere politische Meinungen, aber das ist meine Aufgabe zu analysieren und zu besprechen. Das Ergebnis gibt uns doch recht, dass wir solche Themen angesprochen haben.“

In einer Sache sind sich CDU, Grüne und Linke einig: Veränderung

Was vor allem Sahra Wagenknecht verärgert: Der Standpunkt der AfD, sie sei die „einzige soziale Opposition“. „Sie stimmen regelmäßig dagegen, sobald wir den Mindestlohn erhöhen wollen, wenn es um höhere Harz IV-Sätze geht“, sagt Wagenknecht in Richtung Chrupalla. „In sozialen Fragen sind Sie der Total-Ausfall“, warf sie ihm mit erhöhter Stimme vor. Aber nicht nur für ihre Sozialpolitik stand die AfD in Kritik, sondern auch für das Abstreiten der Veränderungsnotwendigkeit des Landes in Bereichen wie Digitalisierung, Klimaschutz und der Transformation der Industrie.

Während Bouffier die künftigen Veränderungsprozesse der CDU sachlich und erklärend schildert, redet sich Habeck mit dem grünen Klimaschutzpaket um Kopf und Kragen und verpasst dabei den eigentlichen Kern seiner Aussage.

Blick auf die Bundestagswahl

Was während der Sendung aus dem Fokus gerät und gegen Ende erneut von Anne Will wieder aufgefangen wird, ist die Frage nach der Bedeutung der Landtagswahl für die anstehende Bundestagswahl. Lindner kritisiert die AfD: „In ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 taucht das Wort Ostdeutschland nicht ein einziges Mal auf. Sie haben kein Konzept für den Osten, sie tun nur immer so.“ Linder schließt schließlich damit ab, dass sich der Abgrenzungskurs der CDU zur AfD machtpolitisch hoffentlich auszahle.