Ariane Vera ist aus dem Kreis Esslingen ins mexikanische Aguascalientes gezogen. Dort engagiert sich die 25-Jährige Musikerin fürs Klima und für Kaffeebauern. Wir haben die Auswanderin getroffen.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Ostfildern/Aguascalientes - Vor einem Jahr ist Ariane Vera von Ostfildern nach Aguascalientes gezogen. Die 722 000 Einwohnerstadt im Zentrum von Mexiko hat wenig mit ihrer alten Heimat auf den Fildern zu tun. „Alles ist bunt, wenn es dämmert bauen die Streetfood-Verkäufer ihre Stände auf, dann riecht es auf den Straßen nach Tacos und Tamales. Die reiche Kultur, die Musik und Lebensart sind anders.“

 

Die 25-Jährige hat als Musikerin in ihrer alten Heimat Konzerte gegeben und sich für Nachhaltigkeit engagiert. Auch in ihrer neuen Heimat setzt sie sich fürs Klima ein. Die Tochter eines Argentiniers und einer Deutschen ist zweisprachig aufgewachsen, die Familie hat eine Zeit lang in München gewohnt, bevor sie nach Ostfildern zog. Immer wieder hat Vera Lateinamerika besucht, in Aberdeen in Schottland hat sie studiert. Dort lernte sie 2015 ihren jetzigen Freund kennen. Im letzten Jahr traf sie die Entscheidung, zu ihm nach Mexiko zu ziehen.

Bei einem Heimatbesuch im kalten Stuttgart erzählt die Auswanderin, dass ihr die Kesselstadt mit ihren knapp 635 000 Einwohnern viel größer als Aguascalientes vorkomme. „Dort kennt jeder jeden, das ist fast schon dörflich, obwohl dort so viele Menschen leben.“ Vera hat sich dank ihres Sprachkenntnisse schnell in der mexikanischen Stadt eingelebt. „Am Anfang habe ich an einer Sprachschule deutsch unterrichtet und Kontakte geknüpft. Mittlerweile arbeite ich an einem Musik-Album, einem Buch und beschäftige mich mit Nachhaltigkeitsthemen.“

Demos und Podcasts für mehr Nachhaltigkeit

Vera setzt sich unter anderem als Aktivistin für die Umwelt ein. „Ich habe die Fridays-for-Future-Bewegung in Aguascalientes gegründet. Bei der ersten Demo hatte ich richtig Angst vor den bewaffneten Polizisten. Ich dachte, sie würden mich wegschicken. Aber es war kein Problem.“ Seitdem stellt sie sich jeden Freitag mit ihrer Ukulele vor den Palacio Municipal in Aguascalientes, singt und informiert über Klimaschutz und Plastikvermeidung. „In Aguascalientes ist die Wasserknappheit ein großes Thema, trotzdem muss man manchmal erklären, dass man den Wasserhahn beim Zähneputzen zudrehen sollte. Viele denken, dass man für mehr Nachhaltigkeit sein ganzen Leben umkrempeln muss. Dabei tun es auch kleine Schritte, wie weniger Essen in Plastikverpackungen bestellen oder kaufen und Dinge wiederverwenden“, sagt Vera.

Nicht nur auf der Straße, sondern auch im Netz thematisiert sie ihr Anliegen. In einem wöchentlichen Podcast unter dem Namen Sábados sostenibles (nachhaltige Samstage) spricht sie mit Interviewpartnern im lokalen Radiosender über Nachhaltigkeit. Ihr neustes Projekt ist eine Beteiligung an einer Initiative für ökologischen und fairen Kaffeeanbau in Chiapas. Vera unterstützt das Marketing der Initiative und informiert darüber unter anderem bei einer Veranstaltung in Stuttgart. Konzerte und Auftritte sind auch Teil ihres „Heimaturlaubs“.

Ihre neue Heimat hat trotz der bunten Vielfalt auch Schattenseiten. Während andere Familien aus dem lateinamerikanischen Land auf der Suche nach Sicherheit in Richtung Deutschland zogen, ging Vera in die andere Richtung. Erfahrungen mit Gewalt, Korruption und Bedrohungen auf der Straße, wie sie in Mexiko an der Tagesordnung sind, habe sie bisher nicht gemacht. „Ich habe Bekannte, die überfallen wurden, mir ist so was noch nicht passiert. Ich fühle mich sehr sicher dort. Wobei man sagen muss, dass man sich anders verhält als hier. Ich gehe nicht alleine aus, ich gehe auch nicht alleine im Dunkeln auf die Straße. Man lässt nichts im Auto liegen, und ich würde auch nicht alleine in Mexiko reisen oder wohnen. Auch das Vertrauen in die Politik ist nicht so große wie in Deutschland“, sagt die 25-Jährige.

Infos und Konzerte

An Stuttgart und Deutschland schätzt sie mittlerweile besonders die öffentlichen Verkehrsmittel. „Dass es hier funktioniert, fällt einem erst auf, wenn man wo lebt, wo es ganz anders ist.“ Wenn sich die 25-Jährige final für einen Ort entscheiden müsste, würde ihr die Wahl nicht leicht fallen. „Ich verbinde meine Heimat mit Ostfildern, mit München, mit Argentinien. Jetzt ist mein Zuhause Mexiko. Wer weiß, was die Zukunft bringt“, sagt sie.

Termine: Auf der Stuttgarter Kulturinsel gibt Ariane Vera am 26. Januar ein Konzert, am 31. Januar informiert sie im Stuttgarter Weltcafé über ihre Kaffeeinitiative.