Über die armenischen Kulturtage in Stuttgart ist ein Streit entbrannt. Grund ist der Konflikt über die Kaukasus-Region Bergkarabach.      

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Diradur Sardaryan nimmt kein Blatt vor den Mund. Die armenischen Kulturtage, die vom 16. bis zum 22. September in Stuttgart stattfinden, würden von verschiedenen Seiten torpediert, sagt der Pfarrer der Armenischen Gemeinde in Baden-Württemberg. Er befürchtet sogar, dass Gegner der Kulturtage versuchen könnten, eine Veranstaltung am Samstag, bei der es auch um die Geschichte der Region Bergkarabach gehen soll, mit Gewalt zu sprengen.

 

Sardaryans Vorwürfe richten sich vor allem an die Adresse der Berliner Botschaft der Republik Aserbaidschan. Zudem versuche der Zentralrat der aserbaidschanischen Diaspora in Deutschland mit Pressemitteilungen und Aktionen im Internet Proteste gegen die Veranstaltung in Stuttgart zu organisieren. Die Botschaft habe Druck auf die Firma Easy Ticket Service ausgeübt, die Ankündigung der Veranstaltung anlässlich des 20. Jahrestages der Unabhängigkeit Karabachs am 19. September umzubenennen.

Sardaryan spricht von "Zensur". Wie von dem Unternehmen bestätigt wurde, habe es tatsächlich eine Anfrage der aserbaidschanischen Botschaft wegen der Ankündigung gegeben. Daraufhin sei der Text zur Überprüfung aus dem Internet genommen, danach allerdings wieder in der Originalversion in den Veranstaltungskalender gestellt worden.

Keine Förderung der Kulturtage

In diesem Fall wird ein Konflikt in der Region Bergkarabach nach Stuttgart transportiert. Um den Landstrich im Südosten des Kaukasus streiten sich Armenien und Aserbaidschan. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es 1991 zu einem Krieg um das Gebiet. Drei Jahre später folgte ein Waffenstillstand, der das Problem trotz Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) allerdings nicht lösen konnte.

Irritiert ist Sardaryan auch über das Verhalten des Integrationsministeriums in Stuttgart. Aus Zeitgründen kann Ministerin Bilkay Öney nicht persönlich bei der Veranstaltung sein, wollte jedoch ein schriftliches Grußwort beisteuern. Dieses Angebot wurde jedoch zurückgezogen.

Wie aus einer E-Mail, die der Stuttgarter Zeitung vorliegt, hervorgeht, sei das Ministerium "aufgrund der aktuellen Ereignisse" verpflichtet, das Anliegen an das Staatsministerium zu übergeben. "Aus diesem Grund wird Frau Ministerin Öney leider auch kein schriftliches Grußwort zu den Armenischen Kulturtagen schicken können." Wie das Staatsministerium erklärte, unterstütze das Land - wie auch in diesem Fall - kulturelle Veranstaltungen. Ansonsten halte man sich an die Regelung des Außenministeriums. Das heißt, dass Veranstaltungen von einer gewissen politischen Brisanz nicht gesponsert werden.

Ähnlich agiert die Stadt Stuttgart. Dort haben die Armenische Gemeinde Baden-Württemberg und der Armentische Kulturverein Stuttgart als Veranstalter um eine Förderung gebeten. Man habe sich zur Unterstützung von zwei Konzerten entschieden, heißt es aus dem Rathaus. Nicht gefördert würden Veranstaltungen, die mit dem Konflikt um Bergkarabach in Verbindung gebracht werden könnten: "Wir fördern keine Veranstaltungen, bei denen politische, religiöse beziehungsweise weltanschauliche Ziele im Vordergrund stehen."