Armin Maiwald, der Vater der „Sachgeschichten“ in der „Sendung mit der Maus“, wird 75. In seiner Autobiografie erinnert er an die Anfänge des Kinderfernsehens in Deutschland.

Stuttgart - Diese Stimme kennt in Deutschland buchstäblich jedes Kind: Seit Jahrzehnten erzählt Armin Maiwald sonntags die „Sachgeschichten“ in der „Sendung mit der Maus“ (ARD, 10.30 Uhr) Der Rheinländer, der bis auf einige kriegsbedingte bayerische Kindheitsjahre stets in Köln gewohnt hat, wird am 23. Januar 75 Jahre alt, und weil ihm in seinem Leben unglaublich viel widerfahren ist, hat er seine Erlebnisse nun zu Papier gebracht. Das Buch trägt den Untertitel „Aufbau vor laufender Kamera“, aber es geht keineswegs nur ums Fernsehen; ein Drittel der Ausführungen beschäftigt sich mit den jungen Jahren, und auch die waren dank der Nachkriegszeit turbulenter als ihm lieb war.

 

In Büchern dieser Art sind die Kindheitskapitel oft etwas langweilig, zumal man die Biografien ja in der Regel nicht liest, weil der berühmte Mensch auch mal Kind war. Auf Maiwalds Buch trifft das nicht zu: Der Mann ist einfach ein begnadeter Erzähler.

Die Ausführungen sind im gleichen Stil gehalten wie die „Sachgeschichten“. Deshalb stellt sich bei der Lektüre ein reizvolles Phänomen ein: Weil jeder, der mit der „Maus“ aufgewachsen ist oder die Sendung – ob mit oder ohne Kinder – auch als Erwachsener regelmäßig verfolgt, bei der Lektüre automatisch Maiwalds Stimme im Kopf hat – auf diese Weise ist die gedruckte Ausgabe quasi ihr eigenes Hörbuch.

Maiwald hat das deutsche Kinderfernsehen geprägt

Typisch für diesen Tonfall ist eine gelassene Beiläufigkeit, die keinerlei Aufregung zu kennen scheint; selbst wenn es um lebensgefährliche Momente wie den Beinaheabsturz mit einem Hubschrauber geht. Sogar die Schilderungen der Lehrjahre als Student der Theaterwissenschaften lesen sich interessant, weil sich schon früh Maiwalds Talent offenbarte, für alle möglichen technischen und künstlerischen Herausforderungen die richtigen Lösungen zu finden. Daher war er auch der richtige Mann für das Fernsehen, das in den Sechzigern noch in den Kinderschuhen steckte. Maiwald verdingte sich schon während des Studiums beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) als Kabelhilfe und arbeitete sich im Lauf der Jahre zur Regieassistenz hoch, bis er schließlich als mutmaßlich jüngster Regisseur Deutschlands mit 25 Jahren selbst das Kommando übernehmen durfte. Er hat damals mit einer Reportage über die Miniaturwelt „Minidomm“ in Ratingen-Breitscheid den ersten Farbfilm für den Kölner Sender gedreht. In dieser Zeit gründete er auch eine der ersten Kölner Produktionsfirmen.

So faszinierend die Blicke hinter die Kulissen des jungen Mediums sind: das Buch ist vor allem deshalb weit mehr als bloß eine Sammlung individueller Erinnerungen, weil Maiwald das deutsche Kinderfernsehen so stark geprägt wie nur wenige andere. Unter anderem war er maßgeblich an Klassikern wie „Schlager für Schlappohren“ oder „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ beteiligt. Der damalige Leiter des WDR-Kinderprogramms, Gert K. Müntefering, wollte aber raus aus den Studios, er wollte den kleinen Zuschauern die Welt zeigen; und Maiwald war genau der Richtige, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Kinderfernsehen galt bei den Sendern lange Zeit als eine Art Schulersatz. Die beiden Pioniere waren sich jedoch einig darin, dass die Jüngsten ebenso ein Recht auf Unterhaltung hätten wie ihre Eltern. Wenn sich dabei ein „Aha-Effekt“ einstellte, um so besser. Und Maiwald wurde rasch zu einem Spezialisten für Aha-Effekte.

Wie kommen die Frühstückseier auf den Tisch?

Im März 1971 feierten die „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“ ihre TV-Premiere. Die ersten Reportagen gingen der Frage nach, wie Eier, Brötchen und Milch auf den Tisch kommen; das war die „Frühstückstrilogie“. Dass Maiwald selbst als Sprecher fungierte, war reiner Zufall: Bei der redaktionellen Abnahme eines Films fehlte noch der Kommentar, also las er den Text vor, während der Film lief. Für die endgültige Version engagierte er einen Sprecher, aber nun gefiel Müntefering die Reportage nicht mehr, und schließlich wurde ihm auch klar, warum: Er vermisste Maiwalds Stimme, die nicht so glatt klang wie die eines Profisprechers.

1972 gründete Armin Maiwald seine zweite Firma, Flash Film, mit der er bis heute seine „Sachgeschichten“ produziert. Wie immer im Leben verlief die Karriere jedoch längst nicht immer nur aufwärts; er konnte mehrmals nur knapp eine Pleite abwenden.

Privat hingegen hat er früh sein Glück gefunden; Maiwald ist seit fast fünfzig Jahren mit derselben Frau verheiratet. Seine beiden Kinder haben vorübergehend für ihn gearbeitet, sind dann aber andere Wege gegangen. Trotzdem ist ihm um die Zukunft des Fernsehens nicht Bange: „Bücher, Zeitungen, Radio und Kino wurden schon oft für tot erklärt. Es gibt sie alle noch.“ Jetzt stehe eben das Fernsehen auf der Liste, aber da sei er ganz unaufgeregt: „Es wird immer Menschen geben, die Geschichten erzählen wollen, und genauso wird es Menschen geben, die Geschichten erzählt bekommen wollen. In welcher Form auch immer.“