Als wäre er dabei gewesen: Der Schriftsteller Arno Geiger hat in „Unter der Drachenwand“ ein eindrucksvolles literarisches Panorama des Kriegs gezeichnet. Vom 16. bis 27. September steht der Roman im Mittelpunkt des Lesefestivals „Stuttgart liest ein Buch“. Bei einem Besuch in Wien verrät er das Betriebsgeheimnis seines Schreibens.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart/Wien - Vor diesen Augen ist niemand sicher. Skeptisch mustern sie ihr Gegenüber, folgen seinen Bewegungen, lassen es nicht aus dem Blick. Wie aus einem Fenster lehnt Tintorettos „Weißbärtiger Mann“ über dem dunklen Abgrund der Zeit in die Gegenwart. Selten spürt man die Kraft der Kunst, Vergangenes zurück ins Leben zu rufen in solcher Intensität. In Thomas Bernhards Roman „Alte Meister“ hält ein misanthropischer Kunstkritiker Zwiesprache mit dem Porträt im Wiener Kunsthistorischen Museum. An diesem Abend steht der österreichische Schriftsteller Arno Geiger im Bann des greisen Basiliskenblicks, untermalt vom leisen Knacken des Parketts und dem Flüstern später Gäste. „Hier schlägt ein Herz, das ist nicht nur Papier“, sagt Geiger, „der größte Horror für einen Künstler ist, dass etwas nur papiern ist, dass man den Puls nicht spürt.“