Die Übernahme der Credit Suisse durch die Konkurrentin UBS hat einen langen Vorlauf. Über Jahre haben Skandale und Fehltritte das Image der Schweizer Bank ruiniert.
Durch die Bankenkrise der Nullerjahre ist die ehrwürdige Credit Suisse (CS) anders als ihre Erzkonkurrentin UBS relativ gut gekommen. Nun übernimmt trotzdem die UBS die Credit Suisse, weil die CS in den vergangenen Jahren immer tiefer in Schwierigkeiten geraten ist. Vorausgegangen ist dem eine ganze Latte von Pleiten, Pech und Pannen bei der renommierten Bank.
Finanzriese Credit Suisse
Die am Züricher Paradeplatz ansässige Credit Suisse Group ist eines der größten weltweit tätigen Finanzinstitute und gehört – wie auch die UBS oder die Deutsche Bank – zu den 30 global systemrelevanten Großbanken. Diese Einstufung stammt vom Finanzstabilitätsrat, den die zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, die so genannten G20, im Jahr 2009 eingerichtet haben. Die Bank beschäftigt mehr als 50 000 Mitarbeiter, verwaltet ein Vermögen von fast 1,3 Billionen Schweizer Franken (gut 1,3 Billionen Euro) und hat eine Bilanzsumme von 531 Milliarden Schweizer Franken. Unter den größten Banken der Welt rangiert sie auf Platz 45. Gegründet wurde sie 1856 als Schweizer Kreditanstalt von Alfred Escher, unter anderem um den Ausbau der damals noch kaum existenten Schweizer Eisenbahn zu finanzieren. Auch die Schweizer Rentenanstalt Swiss Life und die Schweizer Rückversicherung Swiss Re verdanken dem Kapital der Schweizer Kreditanstalt ihre Existenz.
Die Anfänge der Krise
Vor allem ihre Chefs haben dem Ansehen der altehrwürdigen Credit Suisse in den vergangenen Jahren geschadet. So geriet die Bank beispielsweise 2019 in die Schlagzeilen, weil der damalige CEO Tidjane Thiam einem abtrünnigen Manager hinterherspionieren ließ, von dem er fürchtete, er könnte schwerreiche Kunden zu seinem neuen Arbeitgeber UBS locken. Das rief die Schweizer Bankenaufsicht Finma auf den Plan. Am Schluss des als „Spygate“ in die Annalen eingegangenen Skandals musste Thiam die Bank verlassen, der beauftragte Privatdetektiv beging Selbstmord und die Finma sprach von einer „unangemessenen Unternehmenskultur bei Teilen der damaligen operativen Führung“.
Unmittelbar darauf geriet die Bank in die Krise rund um das britisch-australische Finanzunternehmen Greensill Capital, weil sie massiv in von Greensill aufgelegte Wertpapiere investierte, daraus Fonds machte und sie ihren Kunden als risikoarm verkaufte. 2021 musste Greensill Insolvenz anmelden, was den Investoren Milliardenverluste bescherte. Fast zeitgleich verlor die Credit Suisse 5,5 Milliarden Dollar (etwa 5,1 Milliarden Euro) durch den Zusammenbruch des US-Investmentfonds Archegos Capital. Weitere Skandale etwa rund um den US-Hedgefondsmanager Bill Hwang und die Veruntreuung von Geldern eines georgischen Milliardärs folgten.
All das hat das Vertrauen der Kunden in die Bank genauso beschädigt wie der vorübergehende Verwaltungsratschef António Horta-Osório, der eigentlich für einen Imagewandel sorgen sollte und stattdessen trotz Coronakrise und -auflagen mit dem Firmenjet zum Tennisturnier in Wimbledon flog, wo er gegen Quarantäneauflagen verstieß.
Gewinnwarnungen, Milliardenverluste, selbstherrliches Führungspersonal, das häufig wechselte, Profitgier und Arroganz prägten mehr und mehr das Bild der früheren Schweizer Banken-Ikone.
Die aktuelle Krise
Neues Personal – Axel Lehmann an der Spitze des Verwaltungsrates und Ulrich Körner in der Führung des Vorstandes – sollten die Credit Suisse eigentlich 2022 wieder auf Linie bringen. Doch im Herbst tauchten in den sozialen Medien Gerüchte auf, dass der Zusammenbruch der Credit Suisse unmittelbar bevorstehe. Viele Kunden zogen ihr Geld daraufhin aus Zürich ab. Innerhalb von ein paar Wochen verlor die Bank etwa ein Drittel ihrer Einlagen: 110 Milliarden Schweizer Franken. Die Credit Suisse beendete das Geschäftsjahr mit einem Verlust von 7,3 Milliarden Franken – dem höchsten seit der Finanzkrise 2008. Pläne für einen Strategiewechsel, Umstrukturierungen und den Abbau von 9000 Stellen halfen da auch nicht mehr.
Das angeschlagene Image, der hohe Verlust und die Tatsache, dass die Bank die Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses wegen einer Intervention der US-Börsenaufsicht SEC verschob, ließen die Credit Suisse ohnehin nicht gut aussehen, als Mitte März auch noch der größte CS-Anteilseigner Saudi National Bank mitteilte, dass die CS nicht mit weiteren Hilfen aus Saudi-Arabien rechnen könne. Nachdem nur wenige Tage vorher die US-amerikanischen Silicon Valley Bank und Signature Bank zusammengebrochen waren, war die Stimmung für Bankentitel am Markt ohnehin nicht gut: Der Aktienkurs der Schweizer rauschte am Donnerstag, 16. März, um mehr als 20 Prozent auf eine Rekordtief ab. 2023 hat sie damit schon mehr als ein weiteres Viertel an Wert verloren, nachdem sie bereits im Vorjahr um fast 70 Prozent eingebrochen waren. 2007 hatten sie noch mehr als 90 Franken gekostet.
Am folgenden Freitag kam die Nachricht, dass die Schweizer Notenbank SNB die Credit Suisse mit bis zu 50 Milliarden Franken stützen werde. Am Sonntagabend schließlich verkündeten die Schweizer Regierung und die beiden Banken, dass die Erzkonkurrentin UBS die Credit Suisse für drei Milliarden Franken übernimmt.