Die Art Cologne hat der Werke der klassischen Moderne bis zur Gegenwartskunst zu bieten. Erstmals mit dabei ist die New Art Dealers Alliance aus New York.

Köln - Über hundert rohe Holzstühle: He Xiangyu hat sie aus den Resten eines alten Wasserkanals gezimmert. Nun stehen sie draußen auf dem Plateau vor dem Südeingang, aber vorerst sitzt da nur einer: Der Art-Cologne-Chef Daniel Hug hat in der ersten Reihe Platz genommen, um mit Siegerlächeln fürs Pressefoto zu posieren. Alle anderen ziehen vorbei. Sie wollen nicht sitzen, sondern hinein – an diesem Tag der Vernissage zur 46. Ausgabe der Art Cologne. Denn man ist überaus gespannt, zeigte sich doch die alte Messe nach all den trägen Jahren zuletzt wieder in Topform. Ob es Hug wohl gelingt, den Aufstieg weiter voranzutreiben?

 

Erwartungsfroh tritt man ein, stoppt dann in der weiten Eingangshalle allerdings zuerst einmal vor einer Wand – oder besser vor zwei vertikal in den Weg gestellten Fußböden, je sechzig Quadratmeter groß. Dieter Roth hat sie aus seinem Atelier in Island ausgebaut und zu Kunstobjekten erklärt. Wie schon im vergangenen Jahr wird das Entree so zum eindrucksvollen Ausstellungsort. Voilà, eine von Daniel Hugs wirkungsvollen kosmetischen Maßnahmen!

Mit Blick an Roths Böden vorbei auf das Feld der Aussteller kann man sagen, dass sich die aktuelle Art Cologne auf beachtlichem Niveau hält, auch wenn der Vergleich mit Basel noch fernliegt. Gegenüber dem letzten Mal konnte Köln dennoch noch etwas zulegen: So finden sich ein paar prominente Neuzugänge unter den rund zweihundert teilnehmenden Galerien: David Zwirner aus New York etwa oder Thaddaeus Ropac mit Galerien in Salzburg und Paris. Der hat nach Köln Werke von Georg Baselitz mitgebracht, außerdem eine coole „Tänzerin“ aus der neueren, immer noch unverkennbaren Produktion von Alex Katz. Ihr Preis liegt bei 380 000 Dollar. Eine originelle Mischung aus Pop und Picasso bietet daneben Andy Warhols 1985 gemalter „Kopf“. Bereits vor der offiziellen Eröffnung ging er weg für rund 850 000 Dollar.

Nachwuchsgalerien auf dem Nada-Terrain

Die wichtigste Neuerung heißt aber weder Zwirner noch Ropac. Ihr Name lautet Nada. Hinter der Abkürzung verbirgt sich die New Art Dealers Alliance, ein Galerienbund aus New York, der seit 2003 mit seiner Satellitenmesse zur Art Basel Miami Beach groß herauskommt und nun den Radius nach Europa erweitert.

Die Art Cologne hat der neuen, jungen Partnerin eine Ecke in Halle elf frei gehalten, wo sie sich als Messe in der Messe ausbreitet. Eigentlich eine sehr gute Idee. Man pflanzt dem Traditionsmarkt ein Stück Internationalität und Jugend ein, ohne dabei sein Profil zu sehr in Unordnung zu bringen. Das Ergebnis ist nicht begeisternd, aber erfreulich.

In gut dreißig kleinen Kojen haben sich Nachwuchsgalerien auf dem Nada-Terrain eingerichtet. Allein ein Drittel davon ist aus New York angereist. Der Rest kommt aus London, Prag, Posen, Athen, Wien und Berlin . . . Auch Max Mayer, der unlängst seine Galerie in Düsseldorf eröffnet hat, lockte das Szeneumfeld. Für seinen ersten Auftritt in Köln schloss sich der 28-Jährige deshalb Nada an, um dort etwa Arbeiten von Jan Paul Evers zu präsentieren, die mit den Möglichkeiten der analogen Fotografie experimentieren.

Junge Kunst in Halle elf

Eine Etage tiefer trifft man auf Mayer senior, Max’ Vater Hans Mayer. In der Riesenkoje des Topgaleristen hängt etwa Robert Longos fünf Meter lange Zeichnung „Wald“ für 520 000 Euro. Außerdem gibt es allerhand Helles, Schönes, Glitzerndes vom 80-jährigen Zero-Helden Heinz Mack zu bestaunen, der gerade seine Wiederentdeckung feiert.

Mit den Mayers ist das Art-Cologne-Spektrum zwischen blutjung und fest etabliert abgesteckt. Die zeitliche Spanne des Messeangebots reicht wie gehabt vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Und sie erklimmt erneut am Stand der Schweizer Galerie Henze & Ketterer, zumindest preislich gesehen, den Höhepunkt. Ernst Ludwig Kirchners famoses Gemälde „Weg zur Staffel“ von 1919 wird dort für mehr als drei Millionen Euro angeboten.

Günstiger kommt man bei Schlichtenmaier aus Stuttgart weg, wo unter anderem wieder starke Stücke des deutschen Informel warten. Für 90 000 Euro gibt es da etwa ein frühes Gemälde von K.O. Götz, gemalt Anfang der fünfziger Jahre, als dessen charakteristischer Schwung mit Pinsel und Rakel noch ganz frisch war. Bei Edith Wahlandt aus Stuttgart stehen die „Zürcher Konkreten“ im Fokus. Camille Graeser etwa mit seinem Gemälde „Blaues Element löst sich aus der Reihe“ für 150 000 Euro. Daneben wird zum Preis von 95 000 Euro – als echte Rarität – eine frühe, farbig gefasste Raumplastik von Norbert Kricke angeboten.

Wer eher noch mehr jüngere und vielleicht auch etwas günstigere Kunst sucht, ist wie üblich oben in Halle elf am richtigen Platz. Dort trifft er auch auf drei erfreuliche Neuzugänge: Die Galerien Neu, Carlier Gebauer und Klosterfelde sind aus Berlin angereist. Klosterfelde mit großformatigen Blättern der Erfolgszeichnerin Jorinde Voigt: federleicht übers Blatt wirbelnde Linien, Bögen, hauchzartes Flechtwerk. Es gleicht einem komplexen Zeichensystem, mit dem die Künstlerin ihre Welterfahrung fein säuberlich zu fixieren sucht.

Sehenswert auch der Auftritt von Hans Peter Feldmann bei Leo Koenig. Der Galerist aus New York hat eigens eine kleine Dunkelkammer für sein „Schattenspiel“ eingerichtet. Mit Blechspielzeug und allerlei Fundstücken ausgerüstete Karussells drehen sich dort im Scheinwerferlicht und zeichnen zauberhaft-gespenstische Bilder an die Wand.

Am Ende des langen Weges über die Art Cologne mag man sich nun vielleicht doch ermattet auf einem von He Xiangyus Holzstühlen niederlassen und für Köln hoffen, dass auch Daniel Hug noch einige Jahre sitzen bleibt. Nicht draußen vor der Tür als „Man on the Chair“, sondern drinnen in der Messe als rühriger Chef und Ideengeber der Art Cologne.

Bis 22. April,Messe Köln, Halle 11. // Weitere Informationen unter www.artcologne.de