Fairtrade-Kaffee beschert vielen ein gutes Gewissen am Frühstückstisch. Doch wie fair ist fairer Handel wirklich? Donatien Lemaîtres Film „Der faire Handel auf dem Prüfstand“ deckt Missstände bei der Produktion von Bananen und Tee auf.

Stuttgart - Die Bananen der Kooperative Banelino in der Dominikanischen Republik tragen das Gütesiegel „Fairtrade“. Was das bedeutet, hat sich nicht einmal auf den Plantagen selbst herumgesprochen. „Wisst ihr, was fairer Handel ist?“, fragt der Filmautor Donatien Lemaître in die Runde. „Nein“, sagt einer der Arbeiter kopfschüttelnd. Kein Wunder: er zählt zu den haitianischen Migranten, die von den zu einer Kooperative zusammengeschlossenen Kleinbauern schlecht bezahlt werden, nicht dieselben sozialen Standards genießen wie die einheimischen Arbeiter und sich zudem ohne Pass oder Visum nicht frei bewegen können. „Es reicht einfach nicht“, sagt Philomé, der von den pro Tag verdienten fünf Euro die Familie in der Heimat nicht unterstützen kann. Die Haitianer seien „das letzte Glied der Kette, das nirgendwo auftaucht“, kommentiert Lemaître.

 

Der französische Journalist hat außerdem in Mexiko und Kenia gedreht, um zu erfahren, ob die schöne Idee von einem gerechten Miteinander von Arbeitern, Produzenten, Händlern und Verbrauchern in der Wirklichkeit Bestand hat. Auf dem Markt haben solche Produkte eine bescheidene Bedeutung: Zwischen drei und vier Prozent beträgt ihr Anteil am Handelsumsatz. Produkte mit dem Fairtrade-Siegel, das auf 75 Prozent der in Europa verkauften Waren aus fairem Handel klebt, erzielten 2011 immerhin einen Gesamtumsatz von fünf Milliarden Euro. Davon profitierten fast tausend Kooperativen mit mehr als 1,2 Millionen Kleinbauern. Und dahinter stehen verschiedene Verbände und Organisationen, was aber in dem Film, insbesondere auf Deutschland bezogen, nur unzureichend erläutert wird.

Die Lebensbedingungen der Indios haben sich verbessert

Umso aufschlussreicher die Recherchen bei den Produzenten vor Ort. Ermutigend ist das Beispiel Mexiko, wo sich die Lebensbedingungen für die Indios, die Kaffee anbauen, dank Mindestpreisen und zusätzlichen Prämien verbessert haben. Lemaître prangert allerdings an, dass sich der faire Handel in der Praxis von seiner ursprünglichen, auch politisch motivierten Idee entfernt habe. Seine Behauptung, dass Supermärkte bei fair gehandelten Produkten eine größere Gewinnspanne haben als bei vergleichbaren konventionellen Waren, wird allerdings nicht ausreichend belegt. Unstrittig ist, dass mittlerweile auch Großgrundbesitzer und Konzerne wie Nestlé und Unilever Gütesiegel des fairen Handels auf ihre Produkte kleben dürfen.

In Kenia hat der Autor eine von Unilever betriebene Tee-Plantage aufgesucht und ist auf eine abgeschottete Welt gestoßen. 12 500 Menschen leben dort und arbeiten im Akkord. Es gibt mit Omo-Werbung bemalte Häuser, Supermärkte mit Unilever-Produkten, auch eigene Krankenhäuser und Schulen, die freilich den weitgehend rechtlosen Saisonarbeitern nicht zur Verfügung stehen. Und es gibt Klagen über Vergewaltigungen durch Aufseher, die von Unilever offenbar nicht ernst genug genommen werden. Auf dem Unilever-Produkt Lipton Tee prangt das Siegel der US-Initiative „Rainforest Alliance“, die vor allem auf den Erhalt des Ökosystems Wert legt. Und so führt der Plantagen-Manager das Filmteam stolz durch den alten Baumbestand, in dem fröhlich die Affen turnen. Denen scheint es hier besser zu gehen als den Arbeiterinnen.