Das Land legt Zahlen über umgesiedelte Reptilien vor. Diese benötigten in den zurückliegenden Jahren Ausweichflächen, die 70 Fußballfeldern entsprechen. Doch die Aufstellung des Umweltministeriums ist unvollständig.
Stuttgart - Städte und Gemeinden in der Region Stuttgart mussten in den zurückliegenden sieben Jahren knapp 500 000 Quadratmeter Grund und Boden erübrigen. Auf diese Areale wurden Eidechsen umgesiedelt, die andernorts Bauvorhaben im Weg waren. Die Zahlen hat das Umweltministerium auf Anfrage des Landtagsabgeordneten Fabian Gramling vorgelegt. Der CDU-Mann aus Bietigheim-Bissingen (Landkreis Ludwigsburg) hatte sich nach Umsiedlungen von Mauer- und Zauneidechsen erkundigt.
Mehr als 200 000 Quadratmeter im Landkreis Esslingen
Nach Auskunft aus der Ministerium von Franz Untersteller (Grüne), die „im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr“ erteilt wurde, mussten die Stadt Stuttgart sowie die Kreise Ludwigsburg, Esslingen, Göppingen, Böblingen und der Rems-Murr-Kreis im Zeitraum zwischen 2011 und 2018 in der Summe 494 050 Quadratmeter für die Umsiedlung der geschützten Arten bereitstellen. Gemessen an seiner Gesamtgröße hat Stuttgart den größten Batzen beigetragen. In der Landeshauptstadt summieren sich die Ersatzflächen auf rund 134 000 Quadratmeter. In absoluten Zahlen ist der Landkreis Esslingen mit 206 650 Quadratmetern der Spitzenreiter gefolgt von Ludwigsburg mit 107 960 Quadratmetern, es folgen der Rems-Murr-Kreis (21 600), der Kreis Böblingen (17 950) sowie Göppingen mit 6200 Quadratmetern.
Wie viele der geschützten Tiere in der Region zu vermuten sind, kann das Ministerium nicht sagen. „Flächendeckende Erhebungen zu den Populationen von Zaun- und Mauereidechsen werden nicht durchgeführt“, schreibt Untersteller in seiner Antwort. Der Umweltminister verweist auf Untersuchungen der Stadt Stuttgart, die die Mauereidechsenpopulation auf 140 000 Exemplare taxieren, und den Bestand der Zauneidechsen auf zwischen 60 000 und 90 000 schätzen. Da die Umsiedlung der Tiere Geld koste und häufig Bauvorhaben verzögere und überdies „die Umsiedlung von Eidechsen mangels Flächen weitere Konfliktfelder ans Licht getragen“ hätten, stelle sich die Frage, „ob und wann eine Umsiedlung überhaupt sinnvoll und notwendig ist“, schreibt Fabian Gramling.
Die meisten Tiere mussten Wohnungen im Neckarpark weichen
Der Abgeordnete wollte auch wissen, wie viel Tiere in dem Zeitraum zwischen 2011 und 2018 ihr Habitat haben wechseln müssen. Spitzenreiter ist hier das Wohnbauvorhaben Neckarpark auf der Fläche des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt. Dort mussten 2500 Mauereidechsen eingesammelt und umgesiedelt werden. 80 Zauneidechsen wiederum mussten der Erweiterung des Gefängnisses in Stammheim weichen. In den Landkreisen belegt die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm den Spitzenplatz, für die im Bereich Aichelberg, Holzmaden, Weilheim/Teck, Wendlingen und Kirchheim/Teck 1142 Zauneidechsen umgesiedelt wurden.
Vergeblich sucht man hingegen in der Aufstellung des Ministeriums jene 1500 Mauereidechsen, die die Bahn für Stuttgart 21 aus Untertürkheim zum Großteil auf eine Fläche am Killesberg umsiedelte, was dort zu Protesten unter den Anwohnern führte, weil ein Teil der Feuerbacher Heide für die Ansprüche der Tiere umgestaltet wurde. Auf Nachfrage räumt ein Sprecher des Ministeriums ein, dass diese Zahlen tatsächlich fehlen und verweist auf „einen Übertragungsfehler mit dem Regierungspräsidium“, von dem die Zahlen stammen. Man werde die vorliegende Antwort daher noch um die fehlenden Angaben ergänzen, erklärt der Sprecher
Land verweigert Auskunft zu den Kosten
Zu den Kosten der Umsiedlungsaktionen macht das Ministerium keine Angaben sondern verweist auf die Beantwortung einer Anfrage der Stuttgarter FDP-Abgeordneten Gabriele Reich-Gutjahr aus dem November 2018 – und schickt den Fragesteller in eine Art Endlosschleife. Denn auch in der Antwort, auf die das Ministerium in seiner aktuellen Stellungnahme verweist, stehen keine Zahlen , wohl aber der Hinweis auf eine weitere Anfrage in ähnlicher Angelegenheit, die aus dem April 2017 stammt. Dort schließlich wird erklärt, warum eine Kostenabschätzung nicht möglich sei. „Die Ermittlung der notwendigen Daten wäre bei der Vielzahl von öffentlichen Auftraggebern mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden.“