Das in Stuttgart-Möhringen beheimatete Institut Pro Biene bereitet ein Volksbegehren zum Thema Artenschutz vor. Wie funktioniert so etwas, was ist alles zu tun, und wie groß sind die Erfolgsaussichten?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Nach Natur, Insekten und Bienen sieht es nicht aus. Eher nach ganz viel Büroarbeit. Berge von Papier türmen sich auf dem einfachen Holztisch. Das meiste ist noch in großen, dicken Umschlägen verpackt. Auf dem Boden stehen weitere Kisten mit Briefen. Auf einem halbhohen Schrank an der Seite liegen Ordner, in denen Unmengen von Din-A4-Bögen bereits sauber abgeheftet sind. Just kommt der Postfahrer mit neuer Arbeit herein. „Ihr seid aber auch berühmt“, sagt der Mann mit einem Lachen. In den meisten Briefen ist tatsächlich so etwas wie Fanpost. Es sind Unterschriftenlisten. Denn das Institut Pro Biene, das seit Jahresbeginn an der Rosenwiesstraße in Möhringen beheimatet ist, bereitet ein Volksbegehren vor.

 

„Rettet die Bienen“ heißt die Überschrift. Doch es geht nicht allein um Maja und ihre Freunde, sondern um das „dramatische Artensterben“ allgemein, wie es in dem vorformulierten Gesetzestext heißt. Auch in Baden-Württemberg sei der Rückgang von Insekten, Schmetterlingen, Amphibien, Reptilien, Fischen, Vögeln und Wildkräutern alarmierend, sagt David Gerstmeier, einer der beiden Geschäftsführer des Instituts. In Prospekten und auf ihrer Internetseite haben er und seine Mitstreiter Fakten zusammengestellt. So gebe es im Ländle noch 50 000 Tier- und Pflanzenarten. Doch 40 Prozent davon seien bedroht. Von den 420 heimischen Wildbienenarten stehen 212 auf der Roten Liste. Ein Grund: 2,3 Millionen Kilogramm Ackergift würden jährlich ausgebracht, um Millionen von Tieren und Pflanzen zu töten.

Pro Biene fordert unter anderem 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035

Pro Biene hat einen Forderungskatalog aufgestellt. Das Institut will die Ziele der Landesregierung zum Naturschutz, Ökolandbau und Landwirtschaft stärken und ausweiten. Im Text für das Volksbegehren fordert es 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035. Außerdem soll die gesamte Staatsfläche ökologisch bewirtschaftet werden. Die eingesetzte Pestizidmenge soll bis 2025 halbiert werden. Die Forschung und Bildung zur ökologischen Landwirtschaft und zum Naturschutz muss intensiviert werden. Und das Land soll einen jährlichen Bericht zur Artenvielfalt vorlegen.

Wer ein Volksbegehren in die Wege leitet, braucht einen langen Atem. Schon allein das Ausformulieren des Textes sei aufwendig gewesen, sagt Gerstmeier. „Wir haben uns dafür viel Rat und Hilfe von Fachleuten geholt.“ Doch danach begann die Arbeit erst richtig. Denn um beim Innenministerium den Antrag auf Zulassung stellen zu können, muss Pro Biene im Vorfeld 10 000 Unterschriften sammeln.

Die Abgabefrist endet am Freitag, 26. Juli. „Wir haben aber bereits jetzt etwa 20 000 Unterschriften zusammen“, sagt der Geschäftsführer. Nach Antragstellung hat das Innenministerium drei Wochen Zeit, um zu prüfen, ob alles verfassungskonform ist. Dann wird die Zulassung im Staatsanzeiger veröffentlicht, und vier bis sechs Wochen später kann das eigentliche Volksbegehren anberaumt werden. Damit es zum Erfolg wird, müssen dann etwa 770 000 Menschen, nämlich zehn Prozent der Wahlberechtigten, unterschreiben.

Das Institut ist auf ideelle und finanzielle Unterstützung angewiesen

Das Institut hat viel Zeit und Geld in das Projekt gesteckt. „Entstehen konnte es, weil wir mutig genug waren“, sagt Gerstmeier. Er und sein Kollege Tobias Miltenberger hatten kein dickes Konto als Basis für die Finanzierung des Volksbegehrens. Umgedreht war aber von Anfang an klar, dass das keine Aufgabe sein konnte, die allein von Ehrenamtlichen zu bewältigen ist. Das Institut brauchte Mitstreiter und Spenden, um die drei Personen bezahlen zu können, die hauptamtlich und in Vollzeit am Volksbegehren arbeiten. Mittlerweile habe man zum Glück eine breite Basis an ideellen und finanziellen Unterstützern, sagt Gerstmeier und betont. „Wir sind eine gemeinnützige GmbH. Wir machen keinen Gewinn.“

Es geht um die Sache, und Gerstmeier ist optimistisch, dass die ein Erfolg wird. „Die Zeit für das Thema ist reif. Das Artensterben ist in den Köpfen der Menschen angekommen.“ Ein Selbstläufer sei es aber trotzdem nicht, wie er betont. Um genügend Unterschriften zusammenzubekommen, werde das Institut in den kommenden Wochen seine Aktivitäten noch einmal ausweiten und für sein Ziel werben.

Wenn Pro Biene die geforderte Anzahl erreicht, bekommt der Landtag den vorformulierten Text zur Abstimmung. Er kann diesen dann annehmen und damit zum Gesetz machen. Oder er lehnt ihn ab, und dann kommt es zum Volksentscheid.