Der Wahl-Weinstädter Oskar Sarak will mit seinen Cannabis-Arzneien den deutschen Markt erobern. Seit März 2017 darf der Wirkstoff auf Rezept legal bezogen werden. Der Handel wird von der Cannabisagentur geregelt.

Weinstadt - Oskar Sarak hat das, was man als Jungunternehmer braucht: eine neue Geschäftsidee und vor allem ganz viel Durchhaltewillen. Vor mehr als zwei Jahren hat der Weinstädter Rechtsanwalt Lexamed gegründet, um legal Cannabis anzubauen. Denn seit März 2017 gibt es die Droge auf Rezept. Ärzten ist es seither gesetzlich erlaubt, sie zu medizinischen Zwecken zu verschreiben.

 

Um die Nachfrage zu decken, hat die von der Bundesregierung eingerichtete Cannabisagentur Lose für deren Anbau in Deutschland vergeben. Auf die Idee hierbei mitzumischen, habe ihn ein Mandant gebracht, der als Kompagnon mit in die neugegründete Gesellschaft einstieg, berichtet Sarak.

Beruf und Firmengründung parallel gestemmt

Doch die anfänglichen Pläne scheiterten. Lexamed bekam von der Agentur weder in der ersten noch in der zweiten Ausschreiberunde einen Zuschlag. Daran konnte auch die von Sarak angestrengte Klage gegen den Ausschluss seiner Firma nichts ändern, die er als kleines inländisches Unternehmen auf Grund der Vergabekriterien gegenüber großen Pharmakonzernen aus dem Ausland im Nachteil sah.

„Ich habe da sehr viel Geld reingepfeffert“, sagt Sarak rückblickend. Verdient hat er indes in diesen ersten beiden Jahren mit Lexamed freilich noch keinen Cent. Um die finanzielle Belastung schultern zu können, ging der zuvor selbstständig tätige Rechtsanwalt eine Festanstellung bei einer US-Großkanzlei ein - wofür der junge Vater regelmäßig nach Stuttgart und Frankfurt pendelte.

Strenge Regeln der Arzneimittelvergabe

Aber bald mit Plan B, so hofft Sarak, wird die jahrelange Durststrecke vorbei sein. „Ich muss alles auf eine Karte setzen, damit Lexamed erfolgreich wird.“ Statt Cannabis zu produzieren, will er nun damit Handel treiben. Sein Antrag auf Großhandel mit Cannabis-Arzneimitteln und die Herstellerlaubnis hierfür sei vom Regierungspräsidium bewilligt worden, berichtet Sarak, was selbst für ihn als Anwalt kein leichtes Unterfangen gewesen sei. „Die Arzneimittelvorgaben sind streng regulatorisch. Da wird nach jedem Punkt und Komma geguckt.“ Doch nun kann er mit dem Import von Cannabis aus Israel starten. Kommenden Monat will der Lexamed-Geschäftsführer nach Möglichkeit damit loslegen. Seine Kanzleianstellung hat er hierfür bereits gekündigt.

„Die Nachfrage ist groß“, glaubt Sarak. 0,5 bis 1 Prozent der deutschen Bevölkerung benötigten seine Arzneien. „Das ist eine Menge“, so die Einschätzung des Jungunternehmers, der für seine Bedarfsanalyse Daten des US-Bundesstaates Colorado, wo Cannabis schon seit ein paar Jahren legalisiert ist, auf die deutsche Bevölkerungszahl heruntergebrochen hat. „Und ich denke, dass der Bedarf noch steigen wird.“

Auch Extrakte in öliger Form soll es geben

Denn nach Erhebungen gebe es 20 Millionen Schmerzpatienten in der Bundesrepublik und Schmerztherapie, insbesondere für Krebspatienten während Chemotherapie, werde ein Schwerpunkt seines Arzneihandels sein. Ein weiterer soll die Behandlung von Epilepsie werden. Dazu will der Lexamed-Chef Cannabis nicht nur als Blüten, sondern vor allem als Extrakt in öliger Form anbieten. Weil der direkte Verkauf an Patienten in Deutschland nicht erlaubt ist, werden seine Abnehmer Apotheken und Kliniken sein.

Der Vorteil von Cannabis zur Schmerztherapie liegt für Sarak klar auf der Hand. „Damit können herkömmliche schwere Medikamente, etwa Opiate, ersetzt werden.“ Während diese zu körperlichen Abhängigkeiten führen könnten, wie er von ihm persönlich bekannten Krebspatienten wisse, gebe es bei Cannabis allenfalls psychische Abhängigkeiten. Daher werde der Markt für Cannabis-Arzneimittel weiterwachsen.

Expansion im europäischen Raum möglich

Aktuell sei eine Expansion seines Unternehmens im europäischen Raum in die Niederlande, Italien, Rumänien und Portugal möglich. „Doch es ist vieles im Fluss. Frankreich ist im Kommen, in Großbritannien ist die Möglichkeit bereits eröffnet worden, und auch Bulgarien ist in Bewegung.“

Doch zunächst wolle er mit Lexamed den deutschen Markt erobern und strebe eine Kooperation mit der Universität Hohenheim an, die über Cannabis forsche. Hierfür werde er sich die kommenden Jahre ganz einbringen und den derzeitigen Firmensitz von Karlsruhe in seine Wahl-Heimatstadt verlegen, sagt der 39-Jährige, der vor Kurzem mit seiner Familie von Winnenden nach Weinstadt zog.

Den Beruf bereits an den Nagel gehängt

Seinen Beruf als Rechtsanwalt hänge er an den Nagel und auch sein politisches Engagement als Vorstandsmitglied im FDP-Kreisverband und als stellvertretender Vorsitzender der Liberalen in Winnenden habe er bereits aufgegeben. „Ich habe meinen Beruf sehr, sehr gern gemacht, aber die Muße hat mich in den vergangenen Jahren doch etwas verlassen, und man muss auch mal etwas Neues ausprobieren“, meint Sarak, der offen für Veränderungen ist. Gleichwohl sei nichts in Stein gemeißelt, und so könne er sich auch eine Rückkehr in die Politik vorstellen.

Wie reagiert sein Umfeld auf seinen Werdegang vom Rechtsanwalt zum Cannabis-Händler? Überraschend viele seien schon aufgeklärt über die medizinische Nutzung der Droge, antwortet der Jungunternehmer. Daher sei die Akzeptanz groß. „Mich hat bisher keiner deswegen schräg angeschaut. Die Leute finden es gut, interessant und spannend.“ Manch einer rechne gar mit „einer Revolution auf dem Medizinmarkt“ durch Cannabis.