Arzt Wolfgang Wodarg Dem „Corona-Rebellen“ droht die Abwahl

Kronzeuge der Corona-Demonstranten: Wolfgang Wodarg Foto: imago stock&people/imago stock&people

„Unsachlich, wirr, faktenvergessen“: Hart gehen unabhängige Gutachter mit den Corona-Thesen des Arztes Wolfgang Wodarg ins Gericht. Nun soll er als Vorstand bei Transparency Deutschland abberufen werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wolfgang Wodarg war eine Art Stargast bei der großen Corona-Demonstration auf dem Cannstatter Wasen. Per Video-Einspieler wetterte der frühere Amtsarzt über die Maßnahmen gegen die Pandemie. „Was wir jetzt erleben, ist ein unvorstellbarer Blödsinn“, schimpfte er unter dem Beifall Tausender Teilnehmer. Ohne die Tests würde man überhaupt nichts merken, es gebe nicht mehr Atemwegserkrankungen als in früheren Jahren, nur die Angst habe „die Menschen verrückt gemacht“ – für solche Sätze erntete er dankbaren Applaus. „Ich bin an Ihrer Seite“, versicherte der 73-Jährige den Demonstranten.

 

Was bei der „Querdenken“-Bewegung bestens ankam, soll Wodarg an anderer Stelle nun sein Amt kosten. Nach zehn Jahren als Vorstandsmitglied bei der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) Deutschland droht ihm die Abberufung. Diese wollen seine Vorstandskollegen unter Führung des früheren Stuttgarter Spitzenministerialen Hartmut Bäumer der nächsten Mitgliederversammlung vorschlagen. Dabei stützen sie sich auf das Gutachten eines unabhängigen Gremiums, das Wodargs Wortmeldungen zur Corona-Krise und die dafür gewählten Medien untersucht hatte.

Empörung über Wahl der Medien

Bauchschmerzen hatten die Vereinsoberen schon früh wegen der provokanten Thesen ihres Mitstreiters. Also stellte man eilends klar, dass er sich „als Privatperson“ äußere. Im März verkündete Bäumer dann das Ruhen von Wodargs Mitgliedschaft; dies habe der Vorstand einstimmig beschlossen. Begründet wurde das weniger mit seiner Kritik am offiziellen Corona-Kurs, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Problematisch und „letztlich untragbar“ seien vor allem die Plattformen, die er dafür nutze – „radikale Medien“ wie KenFM oder Rubicon, die mit Verschwörungstheorien und antidemokratischen Vorurteilen arbeiteten. Unabhängige Gutachter sollten klären, ob Wodarg die Interessen von Transparency geschädigt habe.

Inzwischen liegt das 37-seitige Papier vor, verfasst von einer Ex-Verfassungsrichterin, einer Professorin für Soziale Arbeit sowie einem der Transparency-Gründer. Ihr Befund: Wodargs Verhalten sei in der Tat geeignet, „den Ruf von Transparency Deutschland gravierend zu schädigen“. Kritisch sahen sie weniger die Wahl der Medien. Die problematischen Portale habe der Arzt nur deshalb genutzt, um seine Botschaft an die „breite Öffentlichkeit“ zu bringen; anderswo sei das nicht gelungen. Die Ansichten der Betreiber, die teils den Neuen Rechten nahe stünden, habe er sich „in keiner Weise zu eigen gemacht“.

„Von Verschwörungsthesen geprägt“

Scharf gehen die Gutachter hingegen mit Wodargs Corona-Thesen ins Gericht. Mit Recht habe er auf „zunächst wenig gewürdigte Fakten hingewiesen“, auch seine abweichende Einschätzung der Gefahr sei „nicht per se ansehensschädigend“. Insgesamt aber seien seine Äußerungen „wesentlich von verschwörungsideologischen Thesen geprägt“, für die er Belege schuldig bleibe. So fehle jede plausible Erklärung dafür, wie es angeblich auf Geld erpichten Virologen gelungen sei, weltweit jede fachliche Opposition gegen ihre „Dramatisierung“ auszuschalten. Wer als TI-Vorstand derart „unsachlich, wirr und faktenvergessen“ argumentiere, könne dem Verein gravierend schaden. Die Mitgliedschaft ruhen zu lassen, sei aus rechtlichen Gründen allerdings schwierig.

Diese Sanktion will der Vorstand nun wieder aufheben. Unterm Strich aber sieht er sich durch das Votum der Gutachter „politisch-inhaltlich unterstützt“. Auch dem Rat, statt des durchaus möglichen Ausschlusses nur die Abwahl Wodargs als Vorstand anzustreben, will er folgen. Man wolle die interne Debatte nicht verlängern, heißt es.

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