Wegen erhöhter Schadstoffwerte haben 3600 Schüler des Beruflichen Schulzentrums Stuttgart-Nord eine Woche schulfrei.

Stuttgart - Die Botschaft ist am späten Dienstagnachmittag sehr überraschend gekommen: Mit sofortiger Wirkung wurde um 17 Uhr das Berufsschulzentrum Nord an der Heilbronner Straße durch die Stadt geschlossen. Für Abendschüler der Fachschule für Technik fiel sogleich der Unterricht aus. Als Grund nannte Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann gestern aktuelle Luftmessungen, die in einem Teilbereich der Gebäude an zwei Stellen eine deutlich erhöhte Belastung durch Asbest ergeben hätten. Vorsorglich habe man das komplette berufliche Schulzentrum - mit insgesamt 3600 Schülern das größte in ganz Stuttgart - gesperrt. Dazu gehören die Werner-Siemens-Schule sowie die Kaufmännische Schule Stuttgart-Nord.

Von der Sperrung betroffen sind insgesamt auch 200 Lehrer, die Schulleitungen sowie die komplette Verwaltung. Ein Zugriff auf Unterlagen dort ist derzeit nicht möglich, weil niemand Zutritt zum Gebäude hat. Die Sperrung soll voraussichtlich eine Woche dauern. "Nach den heute vorliegenden Erkenntnissen kann voraussichtlich am Dienstag, 15. Juni, der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden", sagte Susanne Eisenmann gestern gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Bis dahin solle der betroffene Bereich gründlich gereinigt werden. Parallel sollen weiter Luftwerte gemessen werden, um Gefährdungen auszuschließen.

Das 1982 erbaute Schulzentrum steht derzeit ohnehin vor einer umfassenden Sanierung. Für insgesamt 46 Millionen Euro sollen in drei Bauabschnitten Außenwände, Fassaden, Dächer, Decken, Böden, Heizung, und Außenanlagen auf den neuesten Stand gebracht sowie Brandschutzmaßnahmen durchgeführt werden. In den Pfingstferien sei bereits mit den vorbereitenden Arbeiten und auch mit den Messungen begonnen worden, berichtete Eisenmann gestern. "Wir wissen, dass in den Trägerkonstruktionen und in den Fassaden Asbest verbaut wurde - allerdings gebundener Asbest", so die Schulbürgermeisterin. "Jetzt sind wir dabei, die Ursachen für die Schadstoffbelastung herauszufinden und untersuchen die gesamte Schule."

Die Sanierungsbedarf könnte noch größer sein


Erst im April hatte der Gemeinderat der umfassenden Sanierung zugestimmt, die bis Juli 2014 laufen soll - bei laufendem Schulbetrieb. Am 18. Mai waren Schüler und Lehrer über die Maßnahmen im Einzelnen informiert worden. Bis dahin hatte es keine Hinweise auf eine erhöhte Schadstoffbelastung gegeben. In den Pfingstferien wurde der erste Bauabschnitt durch Staubschutzwände von den Bereichen mit weiterlaufendem Betrieb abgetrennt - dabei wurden auch die erhöhten Asbestwerte in der Luft festgestellt und wurde bei einem Wandteil Asbest nachgewiesen. "Die Raumluftmessungen werden nun kontinuierlich während der nächsten Tage und während der Sanierung fortgesetzt", so Technikbürgermeister Dirk Thürnau. "Wir müssen die Gefährdung von Schülern und Lehrern ausschließen können."

Die bevorstehenden Prüfungen der Schüler können trotzdem stattfinden. Die Tests waren bereits vorher an andere Schulen verlegt worden, um sie unter rechtlich einwandfreien Bedingungen durchführen zu können. Während die Nichtprüflinge derzeit unfreiwillig schulfrei haben oder in ihren Ausbildungsbetrieben beschäftigt sind, versuchen die beiden Schulleitungen, nun zu improvisieren. Einige Arbeitsplätze hat das Schulverwaltungsamt bereit gestellt. Die Werner-Siemens-Schule hält ihre Schüler und Lehrer auf ihrer Homepage im Internet über die aktuelle Entwicklung täglich auf dem Laufenden.

Nach derzeitigem Stand sei nicht mit Folgekosten zu rechnen, so Eisenmann. In der Ratsvorlage heißt es allerdings: "Für die Sanierung der asbesthaltigen Fugen im Bereich des Tragwerks wird auf ein derzeit nicht endgültig abwägbares Kostenrisiko hingewiesen." Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Sanierung ausgeweitet werden müsste und eine Schule sich in der Dringlichkeit "selber priorisiert", wie Eisenmann einmal sagte. Damals meinte sie die einsturzgefährdeten Decken der Schickhardt-Schulen und am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium.