Im Mordprozess vor dem Landgericht Stuttgart legt ein Sachverständiger sein Gutachten vor. Er spricht sich für eine Sicherungsverwahrung der beiden mutmaßlichen Mörder aus – allerdings unter einem Vorbehalt.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang/Stuttgart - Der psychiatrische Gutachter Peter Winckler hat am Freitag vor dem Landgericht Stuttgart sein Gutachten über die beiden Männer vorgetragen, die Anfang März 2016 die Chefin eines Backnanger Restaurants umgebracht haben sollen. Beiden bescheinigte der Experte volle Schuldfähigkeit: Sie betrieben zwar ab und zu Glücksspiel, Constantin C. trinke gelegentlich Alkohol – aber beide seien psychisch gesund. C. stufte er zudem als „hochintelligent, freundlich und mit sehr selbstsicherem Auftreten“ sein.

 

Auch das Verbrechen, das den beiden zur Last gelegt wird, deute nicht auf die Tat von Wahnsinnigen oder Betrunkenen hin. Treffe die Anklageschrift zu, hätten die Täter sogar das Klebeband zum Fesseln ihres Opfers mitgebracht. „Dass von den Angestellten niemand etwas von der Tat gehört hat, zeigt, welch destruktive Vorgehensweise hier mit hoher Effizienz durchgeführt wurde. Frau W. war in kurzer Zeit so unter Kontrolle, dass sie nicht einmal mehr schreien konnte“, so Winckler.

Sicherungsverwahrung nur, wenn Urteile aus Rumänien anerkannt werden

Eine wesentliche Frage im Mordprozess wurde aber nicht vollständig geklärt: Die nach der Sicherungsverwahrung. „Um einen Hang zur Begehung schwerer Straftaten nachweisen zu können, braucht man mindestens zwei Fälle“, so der psychiatrische Gutachter. Nun umfasst das Vorstrafenregister der beiden viele schwere Delikte: A. war wegen mehrerer Taten, darunter Raub und versuchter Totschlag, im Gefängnis. Sein Mitangeklagter C. saß wegen eines einzigen Verbrechens – dafür wegen eines besonders schweren aus dem Jahr 1997. Ein Gericht sah es als erwiesen an, dass C. seine Taufpatin vergewaltigt und so schwer misshandelt hatte, dass diese später an ihren Verletzungen gestorben war. C.  verbüßte 14 von 17 Jahren seiner Haftstrafe.

Das Problem: diese Vorstrafen stammen aus Rumänien, dem Heimatland der beiden. Die Urteile wurden in den 1990er-Jahren gesprochen, einer unruhigen Zeit nach dem Zusammenbruch des Ceausescu-Regimes. Dumitru A. behauptet, die Beweise gegen ihn seien gefälscht, Geständnisse unter Folter erzwungen worden. Constantin C. gibt an, er habe damals gestanden, um seinen Neffen zu decken. In der Hauptverhandlung habe er dies widerrufen.

Inwiefern die rumänischen Urteile nach rechtsstaatlichen Prinzipien zustande gekommen sind und ob sie die Wahrheit widerspiegeln, konnte und durfte Winckler in seinem Gutachten nicht entscheiden – dies wird das Stuttgarter Landgericht beurteilen müssen. Winckler erklärte: Seien die Männer tatsächlich zu Unrecht jahrzehntelang eingesessen, ließe sich freilich kein Hang zu Schwerverbrechen nachweisen.

Gutachter: Widerstand mit brachialer Gewalt aus dem Weg geräumt

Sollten die Urteile aber begründet gewesen sein, hielte der Experte bei beiden eine Sicherungsverwahrung für gerechtfertigt. „Beim Zustand des Opfers von 1997 und dem von Frau W. sind die Parallelen eklatant“, so Winckler zum Fall von Constantin C. Auch damals sei das Opfer an schwersten Kopf- und Brustverletzungen gestorben, diese Gewalttat habe „wegen des Ausmaßes der Gewalt diagnostische Signifikanz.“ Und falls Dumitru A. die Taten in Rumänien tatsächlich begangen hat, merkte er an: „Da fallen gewisse Stereotypien auf. Widerstand wurde mit brachialer Gewalt aus dem Weg geräumt.“

Direkt vor der Aussage des Experten hatte Dumitru A. seinen Anwalt noch eine Einlassung verlesen lassen. Neues brachte diese allerdings kaum: A. blieb bei seiner bekannten Version. „Ich möchte mich bei der Familie W. für meine Tat entschuldigen“, schloss er seine Stellungnahme – meinte damit allerdings nur den Raub von angeblich knapp 300 Euro, nicht den Mord. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden jedoch vor, aus dem Zimmer des Mordopfers 20 000 Euro gestohlen zu haben.