Die Münchner schlagen die SG Sonnenhof Großaspach in der Arena im Fautenhau mit 6:0. Doch das Sportliche ist bei dem Ereignis für die Ewigkeit eher Nebensache.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Aspach - Schon Stunden vor dem Spiel der Spiele herrscht gut viereinhalb Kilometer vom Stadion entfernt der Ausnahmezustand. Vor dem Sonnenhof, dem Hotel des Mario-Gomez-Beraters und Aufsichtsratsmitglieds der SG Sonnenhof Großaspach, Uli Ferber, haben sich zahlreiche FC-Bayern-Fans postiert. „Haben die echt da drin geschlafen?“, fragt ein Junge im Ribéry-Trikot. „Ja, sicher“, sagt eine Frau im fast tupfengleichen, lediglich ein paar Nummern größeren Outfit, „ich war gestern Abend mit Matthias Sammer zusammen im Fitnessraum.“

 

Beate Hut ist aus Brandenburg angereist. Sie sei Stammgast im Sonnenhof, sagt sie – „wegen der Andrea Berg“. Sie habe noch keines der Open-Air-Konzerte der Schlagersängerin und Ferber-Ehefrau in deren Wahlheimat ausgelassen. Aber dieses Jahr sei einfach alles perfekt: „Ich bin auch ein absoluter Bayern-Fan, und nächste Woche spielt die Andrea. Da hab ich mir einfach zehn Tage frei genommen.“

Während Beate Hut und die anderen Sonnenhof-Gäste Fuhre um Fuhre in einem straßentauglichen gelben Pendelzug in den Fautenhau gefahren werden, hat sich Jürgen Merkle in der Comtech-Arena schon einmal einen schattigen Stehplatz am Rand des Platzes gesichert und genießt ein kühles Weizen. Der 61-Jährige, neben dem Trikot in eine zünftige Lederhose gewandet, hat früher selbst für Großaspach gespielt und danach lange Jahre als Jugendbetreuer im Verein mitgearbeitet. Doch „schon seit Beckenbauers Zeiten“ schlägt sein Herz für einen anderen Verein. Merkle ist Mitglied bei den Rietenauer Bayern, dem örtlichen Fanclub des Rekordmeisters. Die seien ihren Idolen viel nachgereist. So nah aber sei man ihnen noch nie gekommen, schon gar nicht daheim.

Auch für die Bayern ist das Ganze ein Heimspiel in einem für sie pittoresken Rahmen. Ausnahmslos jeder in dem Stadion, dessen VIP-Bereich ein Holzblockhaus ist, scheint ein Fan des Deutschen Meisters, Pokal- und Championsleague-Siegers zu sein. Und jeder hat einen guten Grund dafür: Der zehnjährige Philip aus dem Waiblinger Teilort Beinstein macht etwa seinen Cousin für seinen kürzlichen Sympathiewechsel weg vom VfB Stuttgart hin zu den Münchnern verantwortlich. Bei dem siebenjährigen Paul aus Neustadt ist die Sache genetisch bedingt: „Mein Opa ist auch Bayern-Fan.“ Sicherheitshalber aber hat er die fußballerische Restzuneigung noch aufgeteilt: „Ein bisschen bin ich auch VfB und Dortmund.“ Die zwölfjährige Lousia, die selbst aktiv in der D-Jugend des TSV Weilimdorf kickt, hat einst Lukas Podolski zu den Bayern gelockt. Ihr Bruder Tyrel (9) hat sich seiner Schwester gerne angeschlossen – auch wegen der leckeren Stadionbratwurst ist er froh, dass sein Vater drei der begehrten Karten für das restlos ausverkaufte Stadion ergattert hat.

Nur wenige Ausnahmen tragen keine roten Trikots und sind mehr oder weniger zwangsverpflichtet worden. Martin Heinrich und Manfred Kämmler vom verkehrspolitischen Erziehungsdienst der Waiblinger Polizei sind von ihrem Dienstherrn zur Unterstützung hinzugezogen worden. Sie helfen, dass sich das Chaos auf den Zu- und Abfahrstraßen halbwegs in Grenzen hält. 10 000 Zuschauer statt der durchschnittlich 350, die normalerweise zu den Regionalligaspielen der SG kommen: da ist jede ordnende Hand willkommen.

Während den Polizeihauptmeister Heinrich Fußball an sich gar nicht interessiert, wäre der Oberkommissar Kämmler durchaus auch privat gekommen, wenn er Karten bekommen hätte. Dies allerdings eher wegen seiner Frau, „die ist ein Fan von Philipp Lahm“. Vielleicht hätte er auch versucht, ihr ein Autogramm zu besorgen. „Aber das geht ja nicht, wir müssen ja schon vor Spielschluss Posten beziehen.“

Apropos Spiel, Fußball gab es natürlich auch noch. 6:0 ging die Partie am Ende aus. Fast hätte Philip aus Beinstein mit seinem nach dem 4:0-Halbzeitstand um drei Tore erhöhten Tipp Recht behalten. Beate Hut aus Brandenburg hingegen ist sicher, mit ihrer Prognose für das Ereignis eine Woche später an gleicher Stelle schon jetzt richtig zu liegen: „Andrea-Berg-Konzerte“ sagt sie, „sind immer gigantisch.“