Jörg Kammerer aus Asperg tritt am kommenden Samstag bei der Iron-Man-Weltmeisterschaft auf Hawaii an – und erfüllt sich damit einen Traum. Dabei hatte der 48-jährige Amateursportler gar nicht vorgehabt, in diesem Jahr an einem Iron-Man-Wettbewerb teilzunehmen.

S - eit Freitag ist Jörg Kammerer auf Hawaii, am kommenden Samstag quält er sich, wenn’s gut läuft, weniger als elf Stunden über die Vulkaninsel. Vor seinem Abflug hat sich der Amateursportler des Triathlonvereins Markgröningen mit unserer Zeitung unterhalten.
Herr Kammerer, auf Hawaii werden Sie 3,86 Kilometer im Ozean schwimmen, 180 Kilometer Fahrrad fahren und 42,2 Kilometer laufen – und das in brütender Hitze. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Mir graust es vor dem Schwimmen im Ozean, vor den Wellen – und vor den Haien. Das Schwimmen ist ohnehin meine schwächste Disziplin. Ich habe großen Respekt vor dem Rennen. Und dann kommt die schwüle Hitze hinzu. Der Wechsel vom Radfahren zum Laufen ist dann gerade in der Mittagszeit. Bei solchen Hitze-Rennen kippe ich mir an den Verpflegungsstationen drei, vier Becher Wasser über den Kopf und stecke mir Eiswürfel in den Anzug, um mich zu kühlen. Und an der nächsten Station fünf Kilometer weiter bin ich schon wieder trocken, weil alles verdampft. Jetzt, in der Woche vor dem Wettkampf, bin ich in der Ruhephase. Auf Hawaii trainiert man nicht mehr viel – nur an zwei, drei Tagen.
Was war das für ein Gefühl, als Sie sich qualifiziert haben?
Es war schon immer mein Traum, in Hawaii teilzunehmen. Dass es jetzt mit relativ geringem Trainingsaufwand und recht kurzfristig geklappt hat, ist wie ein Märchen. Dennoch ist es mit 3000 bis 4000 Euro auch eine gewaltige Belastung für den Geldbeutel. Wenn man den Platz für Hawaii annimmt, muss man gleich 850 Dollar Startgebühr zahlen.
Bei der Ironman-EM in Frankfurt haben Sie 9 Stunden und 42 Minuten gebraucht. Wie teilen Sie sich Ihre Kraft ein?
Man sagt, dass man in jeder Disziplin unter der Belastungsgrenze von 80 Prozent bleiben muss, um alle drei zu schaffen. Ich arbeite mit der Zeit und meinem Puls. Ich könnte schneller schwimmen, weiß aber, dass ich mit meiner Kraft taktieren muss. Das ist mit das Schwierigste: Zu wissen, wie schnell kann ich das Rennen angehen, damit die Kraft nicht ausgeht. Das gilt auch für die Verpflegung: Das Gemeine ist, dass man die Energie, die man zu sich nimmt, erst ein paar Kilometer später spürt – oder erst dann spürt, dass es zu wenig war.
In den Wettkämpfen sind Sie allein mit sich. Ist das die größte Herausforderung?
Ich experimentiere gern, um meinen Körper bis an die Grenzen zu bringen und um zu sehen: Wie reagiert er dann? Zum Beispiel habe ich meinen Laufstil umgestellt, das war der Tipp eines Triathlon-Profis. Beim Wettkampf in Frankfurt habe ich diese Technik angewandt – und bin noch nie einen so guten Marathon gelaufen. Das Training an sich ist sehr individuell. Es gibt Pläne, aber kein Rezept. Seinen Körper mental zu überlisten – das ist der größte Einflussfaktor. Sie können körperlich fit sein, aber wenn das Mentale nicht stimmt, dann brechen Sie ein. In jedem Rennen hat man ein mentales Loch.
Wie findet man aus diesem Loch heraus?
Mit positivem Denken. Ich konzentriere mich darauf, wie viele Kilometer ich schon geschafft habe und nicht, wie viele ich noch vor mir habe. Man muss versuchen, sich mit kleinen Dingen abzulenken, etwa indem man an den letzten Urlaub denkt. Ich war mit meiner Familie gerade erst auf Hawaii. Ich dachte nicht, dass ich dort über den Sport so schnell wieder hinkomme. Seitdem ich einen Teil der Radstrecke bei Sauna-Wetter gefahren bin, habe ich noch mehr Respekt vor dem Rennen.

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