Vor zehn Jahren wollten die Europäer mit ihrem Rover Beagle 2 auf dem Roten Planeten landen. Doch der Lander ist seither verschollen – und bis heute weiß niemand, warum die Mission gescheitert ist.

Stuttgart - Der 25. Dezember 2003 sollte für die europäische Raumfahrtagentur Esa ein großer Tag werden: Mit der Marssonde Beagle 2 wollte sie herausfinden, ob es Spuren von Leben auf dem Roten Planeten gibt. Die Landeeinheit war am 19. Dezember von der Muttersonde Mars Express abgekoppelt worden. Doch weil die Huckepackmission aufgrund des begrenzten Platzes an Bord mit wenig Telemetrie ausgestattet war, gab es keinen Kontakt während des Abstiegs zur Oberfläche. Erst nach der Landung sollte die Beagle am 1. Weihnachtsfeiertag wieder Signale senden. Vor laufenden Kameras warteten Missionschef Colin Pillinger und sein Team auf den ersten Kontakt. Doch der blieb aus.

 

Mehrere Wochen lang hofften die Forscher darauf, dass sich die Sonde doch noch melden könnte – oder wenigstens auf einen Hinweis, warum die Mission scheiterte. Mitte Februar 2004 erklärte die Esa dann das Projekt für verloren. Nach wie vor ist aber nicht klar, was in der Nacht auf den 25. Dezember 2003 genau passiert ist. Auch eine Untersuchungskommission konnte das nicht klären. Es sind nur Auszüge aus dem Abschlussbericht öffentlich geworden, der im Mai 2004 an das britische Wissenschaftsministerium ging.

Lehren für die Zukunft

Darin sind 19 Lehren aus der gescheiterten Missionen veröffentlicht – und die sind für die Verantwortlichen wenig schmeichelhaft. Gravierende technische und personelle Fehler hätten zu dem Scheitern geführt, heißt es in dem Bericht. Sollte es eine neue Mission geben, dann müsse sie von einer Agentur geleitet werden, die auch die notwendigen Kapazitäten habe. Zudem dürften Fähre und Landeeinheit nicht mehr von verschiedenen Teams betreut werden. Und private Firmen dürften nicht mehr so viel Einfluss gewinnen.

Vor drei Jahren veröffentlichte Colin Pillinger seine persönliche Bilanz unter dem Titel „My Life on Mars – the Beagle 2 Diaries“. Darin gibt er einen ebenso unterhaltsamen wie polemischen Einblick hinter die Kulissen der europäischen Raumfahrt. Bis zum Start scheint es demnach Reibereien zwischen Esa und Pillingers Team gegeben zu haben. Die spärliche finanzielle Ausstattung hat das Team ebenfalls behindert. „Bei der Nasa bekommst du dafür nicht mal einen Schraubenzieher“, kommentierte ein Unterstützer das Budget. Das letzte Kapitel des Buches steht unter dem Motto „Gott schütze mich vor meinen Freunden“. Es habe an Mut zum Risiko gemangelt, so Pillingers Fazit. Bitter gestimmt hat ihn demnach nicht so sehr der Verlust von Beagle 2, sondern vielmehr die Tatsache, dass die Esa ihm keine zweite Chance gab. Dafür macht Pillinger auch David Southwood verantwortlich, den damaligen wissenschaftlichen Leiter der Esa.

Große öffentliche und politische Unterstützung

Das schmerzt Southwood, der inzwischen den Dienst bei der Esa quittiert hat. In England sei er dafür kritisiert worden, die Mission nicht genug unterstützt zu haben, sagt Southwood heute, und in Paris für das Gegenteil. Southwood und der Geologe Pillinger kannten sich seit dem Apollo-Programm – Pillinger hatte damals Neil Armstrongs Mond-Proben analysiert. „Er war ein Phänomen, eine Naturgewalt, in seinem Drang, die Mission durchzuführen. Ich kenne niemand sonst, der so viel öffentliche und politische Unterstützung gewinnen konnte“, sagt Southwood. Die Erwartungen, die Pillinger damals bei seinen Landsleuten geweckt hatte, waren groß.

Southwood zufolge ist weder mangelnde Risikofreude die Ursache des Scheiterns gewesen, noch eine Überdosis davon, sondern schlichter Zeitdruck. „Die ganze Tragödie liegt darin, dass Beagle 2 im Jahr 2003 fliegen musste, die ganze Mars-Mission gründete auf der Überzeugung, dass dies der beste Termin binnen eines ganzen Jahrzehnts war“, sagt Southwood heute.

Günstig kann teuer werden

Trotz des verschollenen Landegeräts möchte Pillinger die Mission nicht als gescheitert beurteilen. „Wir haben alle Schlachten entlang des Weges gewonnen und sind dann, wie zwei Drittel aller Versuche, zum Mars zu gelangen, vom Planeten abgewiesen worden“, lautet seine Bilanz. Außerhalb Großbritanniens kommen die meisten Experten allerdings zu einem anderen Schluss: „Eine der Lehren von Beagle 2 könnte sein, dass auch eine vermeintlich günstige Mission alle Beteiligten teuer zu stehen kommen kann – auch 50 oder 60 Millionen Euro bleiben viel Geld für eine gescheiterte Mission, von der durch unzählige Forscher und Ingenieure in dieses Projekt investierten Arbeit ganz abgesehen“, urteilt der gemeinnützige Verein Raumfahrer.net auf seinem Internetportal.