In Afghanistan wird ein weiteres Flugzeug mit abgeschobenen Flüchtlingen aus Deutschland erwartet. An Bord der Maschine sollen wieder Straftäter sein. Der Bundesinnenminister verteidigt die Praxis.

Kabul/Berlin - Afghanische Behörden haben die geplante Ankunft eines Abschiebeflugs aus Deutschland für diesen Donnerstag bestätigt. Der Leiter der zuständigen Beobachtungsgruppe im Flüchtlingsministerium, Faisurrahman Chadam, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, der Charterflug solle am Donnerstagmorgen Ortszeit in Kabul ankommen. „Die Zahl der Passagiere kennen wir noch nicht“, sagte er - es sollten aber nach einer Vereinbarung mit Deutschland nicht mehr als 50 sein. Deutsche Flüchtlingsaktivisten hatten am Dienstag von etwa 20 Passagieren gesprochen.

 

Unter ihnen sollen neun Männer aus Bayern sein, vier aus Hamburg, vier aus Baden-Württemberg, einer aus Rheinland-Pfalz, einer aus Sachsen und möglicherweise einer aus Nordrhein-Westfalen. Ob die Liste damit vollständig war, blieb zunächst unklar. Der Flug sollte am Mittwochabend in Frankfurt am Main starten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die umstrittenen Abschiebungen. „Gefährder, Straftäter und hartnäckige Mitwirkungsverweigerer“ könnten auch nach Afghanistan abgeschoben werden, sagte er am Mittwoch in Berlin. Es bleibe damit bei der Linie, die er mit Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) besprochen habe. „Das ist auch richtig so, und wir werden diese Linie fortsetzen.“

Abschiebungen sind umstritten

Zu dem bevorstehenden Flug nach Kabul äußerte sich der Innenminister nicht. Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, weil es mittlerweile landesweit Gefechte und Anschläge der radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gibt. Bisher hat Deutschland mit sieben Sammelflügen seit Dezember 2016 insgesamt 128 Männer nach Afghanistan zurückbringen lassen.

Nach einem massiven Bombenanschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai hatten Bund und Länder Abschiebungen auf Straftäter, Gefährder und sogenannte Identitätstäuscher beschränkt. Auf dem letzten Flug im Oktober waren nach Auskunft des Bundesinnenministeriums elf der 14 Abgeschobenen Straftäter. Wieviele Straftäter diesmal an Bord sein werden, war in Kabul am Mittwoch allerdings noch unklar.

Pro Asyl kritisiert geplante Abschiebung

Ein Sprecher des Flüchtlingsministeriums, Islamuddin Dschurrat, sagte diese Woche, die Regierung bekomme nicht viele Informationen über die Passagiere. „Wir haben bisher nur aus Medien gehört, wenn Kriminelle an Bord waren.“ Ein Sprecher der Grenzpolizei, Adschmal Faisi, sagte, auch die Polizei wisse nichts über Straftaten von abgeschobenen Afghanen. „Die deutsche Regierung und das Flüchtlingsministerium sagen uns nichts. Wir schicken die Leute einfach ihres Weges.“

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums hingegen sagte, die afghanische Seite sei informiert, dass Straftäter unterwegs seien und es würden auch „die Namen der Betroffenen übermittelt“.

Auf der Liste der Abschiebekandidaten stehen diesmal auch zwei junge Männer, die nach Ansicht von Flüchtlingsaktivisten und Anwälten in keine der drei Kategorien gehörten, darunter ein junger Mann, der aus der Ausbildung in Bayern heraus abgeschoben werden soll.

Die Organisation Pro Asyl kritisierte die geplante Abschiebung. Sie sei „in keiner Weise mit der sich immer weiter verschärfenden Lage im Land zu vereinbaren“.