Studenten der Universität Hohenheim wagen sich in eine Welt vor, die ihnen bisher fremd war: Sie wollen Flüchtlingen helfen, sich zurechtzufinden, und suchen Rat im Asylheim von Heumaden. Doch auch eigene Projekte haben sich die Studenten bereits überlegt.

Heumaden - Sie haben sich gut vorbereitet. Auf dem Tisch vor der Studentin Malaika Götz liegt eine lange Liste. In den kommenden zwei Stunden wird sie Ariane Müller-Ressing vom Arbeitskreis Flüchtlinge Heumaden-Sillenbuch eine Frage nach der anderen stellen – über eine Welt, die ihr bisher fremd ist. „War jemand von euch schon einmal in einer Flüchtlingsunterkunft?“, fragt Ariane Müller-Ressing. Die Antwort ist eindeutig – ein allgemeines Kopfschütteln.

 

Doch genau deshalb sind die fünf Studenten in das Asylbewerberheim an der Kirchheimer Straße gekommen. Sie wollen Flüchtlingen helfen, suchen aber zunächst die Hilfe und den Rat einer erfahrenen Ehrenamtlichen, die schon seit vielen Jahren die Nöte und Bedürfnisse der Heimbewohner kennt.

Studenten wollen Menschen helfen, die flüchten mussten

Die Hohenheimer gehören zu der internationalen Studentenorganisation Enactus. Diese setzt sich dafür ein, durch studentische Projekte die wirtschaftlichen Perspektiven der Länder auf der Südhalbkugel zu verbessern. Das schließt aus Sicht der Enactus-Aktivisten auch die Hilfe für diejenigen ein, die aufgrund von Konflikten aus ihrer Heimat flüchten müssen. Ariane Müller-Ressing freut das Engagement der Studierenden: „Ich hoffe sehr, dass Sie tatsächlich in der Flüchtlingshilfe aktiv werden und Ihre Vorhaben umsetzen können.“

Die Studenten haben sich bereits Projekte überlegt. So schwebt ihnen zum Beispiel ein Verkauf von internationalen Spezialitäten vor, die von den Flüchtlingen gekauft werden. Nur wissen sie eben nicht, ob das etwas sein könnte, was den Flüchtlingen wirklich etwas bringt. Ariane Müller-Ressing gibt einiges zu bedenken. So könnte der von den Studenten vorgeschlagene Verkauf von Essen an den strikten Regeln zum Speiseverkauf in Deutschland enden. „Daran sind schon von Eltern betriebene Mensen gescheitert“, sagt sie. Müller-Ressing unterbreitet Vorschläge, die aus ihrer Sicht für die Studenten machbar sind und gleichzeitig den Flüchtlingen nützen. So berichtet sie von einer Akademikerin, die aus dem Iran geflüchtet ist. „Ich würde mir wünschen, dass jemand sie motiviert, ihre Studien in Deutschland fortzusetzen“, sagt sie. Gerade Studenten könnten sich aus der Sicht Müller-Ressings eignen, um die Akademiker unter den Flüchtlingen zu beraten und zu fördern.

Das Arbeitsverbot geht an die Nerven

Überhaupt sei Unterstützung von Asylbewerbern vor allem in nicht materiellen Dingen nötig. Für die Flüchtlinge gebe es ja eine Gesundheitsversorgung, daher benötigen sie nur in seltenen Fälle etwas, das Geld kostet, sagt sie. Eine Brille zum Beispiel, die nicht vom Staat finanziert würde, könne außerdem mithilfe von Spenden bezahlt werden. „Da sind wir ganz gut aufgestellt“, sagt Müller-Ressing. Problematisch sei dagegen oft das psychische Wohlbefinden der Flüchtlinge. Das sei zum einen Folge der Ungewissheit über den Ausgang des Asylverfahren, es sei zum anderen aber der Untätigkeit geschuldet, zu der die Flüchtlinge in den Unterkünften verdammt sind. Das Arbeitsverbot für Asylbewerber träfe besonders die Männer, sagt Müller-Ressing. „Die Frauen sind ja meist mit ihren Kindern beschäftigt.“ Die Männer hingegen hätten kaum Möglichkeiten, sich sinnvoll zu beschäftigen. Ein Zustand, der mit der Zeit an die Nerven gehe, sagt Müller-Ressing.

Karl-Heinz Lubotzki, der Leiter des Asylbewerberheims, bestätigt diese Sicht. Die bei den Flüchtlingen beliebten Sportangebote, die auch Kontakt mit Einheimischen ermöglichen, wären allerdings allein von den Sozialarbeitern nicht zu stemmen. „Dazu fehlen die Kräfte“, sagt er.

Es gibt zahlreiche sprachliche und kulturelle Barrieren

Erstaunt nehmen die Studenten zur Kenntnis, dass die Asylbewerber kaum jenseits der jeweiligen Nationalität Kontakt miteinander pflegen. Das Warten auf den Bescheid zum Asylantrag sei doch eine große Gemeinsamkeit, sagt Malaika Götz. Doch Müller-Ressing erklärt ihr, dass es unter den Nationalitäten, die in Asylheim in Heumaden untergebracht sind, zahlreiche sprachliche und kulturelle Barrieren gibt. „Die Flüchtlinge kommen vom Balkan, aus Afrika, aus dem Mittleren Osten, aus Sri Lanka“, sagt sie und macht damit die Bandbreite der Herkunftsländer deutlich.

Das geteilte Schicksal von Flucht und Asylverfahren animiere ehemalige Heimbewohner selten, sich selbst in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. „Die meisten sind froh, dass sie hier raus sind“, sagt Müller-Ressing. „Sie wollen in der Regel diesen Lebensabschnitt einfach abschließen.“