Das Krisenmanagement in Brüssel und Berlin in Sachen Asylstreit läuft auf Hochtouren – das Ende der Auseinandersetzung ist weiter offen.

Berlin - Die Kanzlerin hat sich am Mittwochabend nach Jordanien und in den Libanon verabschiedet. Mit der länger geplanten Reise signalisiert Merkel, dass es Wichtigeres auf der Welt gibt als bayerische Landtagswahlen. Zumal in den Flüchtlingslagern rund um Syrien die Krise ihren Anfang nahm, die nun Merkels Amt bedroht. Einst mussten UN-Nothelfer aus Geldmangel die Essensrationen kürzen, was viele Menschen zum Aufbruch Richtung Europa veranlasste. Insofern dient auch die Reise in den weiter instabilen Nahen Osten dem Ziel, dass sich die Geschehnisse von 2015 nicht wiederholen.

 

Die Sondersitzung ist abgesagt

Da die Hauptdarstellerin der Berliner Krise außer Landes weilt, ist bis zum Wochenende eine kleine Verschnaufpause absehbar. Aus diesem Grund etwa haben such auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt darauf verständigt, dass es in dieser Wahlkreiswoche doch nicht mehr zu der ursprünglich geplanten Sondersitzung der Abgeordneten in Berlin kommen soll.

Das heißt natürlich nicht, dass hinter den Kulissen das Krisenmanagement nicht längst auf Hochtouren laufen würde, seit Kanzlerin Merkel am Montag im Asylstreits mit ihrem Innenminister Horst Seehofer (CSU) eine Zwei-Wochenfrist für eine europäische Lösung bekommen hat.

Brüssel will keinen Alleingang von Seehofer

Öffentlich geht es von Sonntag an Schlag auf Schlag. Dann findet in Brüssel ein „erstes informelles Arbeitstreffen“ statt, so Merkels Sprecher Steffen Seibert: „Es wird ausloten, was möglich ist.“ Gemäß einer Absprache zwischen Merkel, Frankreichs Emmanuel Macron und Jean-Claude Juncker vom Dienstag wird der EU-Kommissionschef Gastgeber sein. Die Brüsseler Behörde hat größtes Interesse, dass es nicht zu Seehofers Alleingang kommt – zugleich vermeidet Merkel den Eindruck eines Gipfels, der nur ihretwegen stattfindet.

Teilnehmen an dem Minigipfel zur Asylfrage werden die Staats- und Regierungschefs „interessierter Staaten“. Das sind nach jetzigem Stand Deutschland, Frankreich, Österreich, Griechenland, Italien, Spanien, Malta und Bulgarien. Es geht darum, mögliche Lösungen für den Europäischen Rat am darauffolgenden Donnerstag und Freitag vorzubereiten, der eine aus sieben Gesetzentwürfen bestehende Asylreform auf der Tagesordnung stehen hat. Zugleich werden natürlich genau jene Zusatzabkommen Gesprächsgegenstand sein, mit denen Zurückweisungen an der Grenze in gegenseitigem Einvernehmen stattfinden könnten. Ermuntert darf sich Merkel in dieser Hinsicht auch durch EU-Ratschef Donald Tusk fühlen. So nennt sein Entwurf einer Gipfelerklärung die Wanderungsbewegungen von Asylbewerbern innerhalb der EU ein „ernsthaftes Risiko“ für das Asylsystem. Mitgliedstaaten sollten, so der Text weiter, „alle nötigen inneren gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen“ ergreifen, um diesen Wanderungsbewegungen zu unterbinden. Es sei durchaus erwünscht, wenn die Mitgliedstaaten dabei untereinander eng zusammen arbeiten. Dies wird in Brüssel als ein klares Unterstützungssignal für Merkel gewertet.

Die SPD fürchtet eine Krise für Europa

Zurück aus Belgiens Hauptstadt wird die Kanzlerin am Montag im CDU-Präsidium das weitere Vorgehen besprechen – zumal am Dienstagabend ein Koalitionsausschuss zur Regierungskrise tagt. Die SPD hat ihn beantragt, weil sie die Migrationspolitik des Koalitionspartners CSU als Risiko für Europa wertet. Die Christsozialen sind der Meinung, Merkels Ja zu einem Eurozonen-Budget gegenüber Macron sei nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt.

Kommt es dort nicht zu einem grundlegenden Zerwürfnis, ist für Donnerstag vor ihrem Abflug nach Brüssel eine Regierungserklärung der Kanzlerin im Bundestag geplant. Was sie beim EU-Gipfel erreicht oder nicht, will die CDU dann in Sondersitzungen von Präsidium und Vorstand am Sonntag, den 1. Juli besprechen. Anschließend kommt es dann darauf an, was die CSU von dem Ganzen hält.