Erst will Horst Seehofer zurücktreten, dann doch nicht. Im Asylstreit zwischen CDU und CSU geht es längst nicht mehr um die Sache. Es ist ein gefährliches Spiel, das ein Ende finden muss, kommentiert Berlin-Korrespondent Norbert Wallet.

Berlin - Horst Seehofer (CSU) hat alle Zweifel beseitigt. Die Meinungsverschiedenheit über die Zurückweisung von bestimmten Flüchtlingen an der deutschen Grenze ist für ihn keine politische Sachfrage mehr. Es ist ein Machtkampf. Nationaler Alleingang oder partnerschaftliche Verständigung – das ist nicht die Alternative, die er im Blick hat. Sie oder ich – so sieht Seehofer die Dinge.

 

Dass er allen Ernstes das letzte Gespräch, das er am heutigen Nachmittag mit der Kanzlerin führen will, als Entgegenkommen seinerseits darstellt, ist eine schlechte Mischung aus Dreistigkeit und Aberwitz. Wie die Dinge tatsächlich liegen, wie zerrissen das Tischtuch zwischen ihm und der CDU-Führung längst ist, kann man aus der kleinen Bosheit ersehen, den viel zu lange als Geheimnis gehüteten Masterplan zwar in der CSU-Sitzung am Sonntag verteilen, die CDU-Kollegen in Berlin aber weiter im Unklaren zu lassen.

Es geht längst nicht mehr um die Sache

Seehofers Rücktritt ist unvermeidlich geworden. Tatsächlich hat der Bundesinnenminister die Lage ganz treffend beschrieben: Wenn er die Zurückweisungen einfach anordnet, ist die Koalition am Ende. Wenn er sich einfach fügt, hat die CSU ihr Gesicht verloren. Nicht, dass das außerhalb Bayerns nicht hinnehmbar wäre. In diesem Zwiespalt böte der Rücktritt wenigstens die Chance, in neuer personeller Aufstellung einen Neuanfang zu versuchen.

Wenn es um die Sache ginge, wäre der Streit rasch zu klären. Natürlich wäre ein nationaler Alleingang angesichts der langsamen, aber erkennbaren Bewegung in der EU in Richtung einer gemeinsamen Strategie zur Eindämmung der Binnenwanderung von Flüchtlingen, kein Fortschritt, sondern ein ernster Rückschlag. Einer zudem, der die Verhandlungsposition der Kanzlerin entscheidend schwächen würde.

Regierungskrise ohne Not verursacht

Horst Seehofer hat in einer beispiellosen Weise eine Regierungskrise ohne Not vom Zaun gebrochen. In einer Zeit wohlgemerkt, da es Deutschland blendend geht, so viele Menschen wie seit Jahrzehnten nicht mehr in Arbeit sind, die Kriminalität sinkt und die Flüchtlingszahlen kontinuierlich zurück gehen. Es ist Zeit, dass dieses gefährliche Spiel aufhört. Zeit zu gehen für Seehofer. Höchste Zeit.