Popmusik in privaten Räumen ist weiterhin schwer im Trend. Nach den Wohnzimmerkonzerten zündet ein Paar in Stuttgart jetzt die nächste Stufe: Gigs im Atelier. Der Auftritt der Schweizer Band Black Sea Dahu zeigt, warum solche Abende sich unbedingt lohnen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - In Wohnzimmern wurde schon immer musiziert. Seit einigen Jahren hat sich diese Darreichungsform als recht angesagtes Format für Popmusikfreunde etabliert und dabei die Grenzen des ursprünglichen "Singer/Songwriter-spielt-ein-Kuschelkonzert" leichtfüßig überschritten. Mittlerweile treten reguläre Rockbands in Wohnzimmern auf, zum Beispiel in Feuerbach.

 

In mancherlei Hinsicht sind die Atelierkonzerte von Dirk Lenz und Danielle Zimmermann eine Steigerung dieses Konzepts. Das Atelier der Künstlerin Zimmermann in der Reitzensteinstraße ist ein imposanter, unglaublich hoher Raum, der die Musik ganz anders atmen lässt als die manchmal drückenden Decken in Neubauhäusern. Es passen auch deutlich mehr Leute hinein und an den Wänden hängen, wie es sich gehört, Werke der Künstlerin selbst. Wohnzimmerkonzert in arty.

Am Freitagabend ist die Schweizer Band Black Sea Dahu zu Gast, die man vielleicht schon aus der einen oder anderen Spotify-Playlist kennt. "In Case I Fall For You" ist einer jener Songs, die man in der Prä-Spotify-Ära für Telefonwerbespots empfohlen hätte, weil sie sich so widerstandslos in die Ohren eingraben, dass die Künstler selbst sich vielleicht fragen, wie sie diesen Song geschrieben haben.

Das soll höchstens ein ganz winziges bisschen böse sein. Auch (oder erst recht) ein Spotify-Hit ist und bleibt ein Hit, der Song ist ein guter und die Musiker von Black Sea Dahu ganz hervorragend. Janine Cathrein hat eine faszinierende, einlullende, geheimnisvolle Stimme, zu der an diesem Abend die bestklingenden Becken der Stadt und eine äußerst gefühlvolle E-Gitarre erklingen. (Schon Ende Januar kann man Black Sea Dahu, passenderweise, im Galao erleben.)

Das Publikum sitzt, hockt und lehnt in dichten Reihen, ist äußerst aufmerksam und nicht zuletzt spendabel - nach Konzertende können die Musiker es kaum fassen, wie viel Geld im obligatorischen Hut steckt. Der Eintritt ist auch bei den Atelierkonzerten frei; für die bereitgestellte Getränke kann, für die Musiker muss man etwas spenden und Münzen gelten nicht. 

In Zeiten eines krassen Überangebots wird Livemusik längst im großen Stil verschenkt, weshalb bei manchem das Empfinden für den Wert solcher Erlebnisse verlorengeht. Im Atelier Zimmermann kommen hingegen Menschen zusammen, die gerne und großzügig geben - weil sie es können und weil sie etwas nicht Alltägliches geboten bekommen. Dass dieser Abend zeigt, welch hervorragenden Sound man mittlerweile aus einzelnen Standlautsprechern zaubern kann, ist das Tüpfelchen auf einem ohnehin schon sehr schönen i. 

Infos zu den Atelierkonzerten und zur Anmeldung für den nächsten Gig stehen auf Facebook. Mehr zum Pop in der Region Stuttgart gibt's bei kopfhoerer.fm - auch auf Facebook.