RWE hat beim Verwaltungsgerichtshof Kassel gegen die Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis A nach dem Atomgesetz geklagt.

Kassel - RWE hat beim Verwaltungsgerichtshof Kassel gegen die Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis A nach dem Atomgesetz geklagt. Damit würden die Interessen der Aktionäre gewahrt, teilte das Unternehmen mit. Eon verzichtet dagegen auf eine Klage. EnBW prüft den Bescheid zur Abschaltung noch. Warum die einzelnen Energiekonzerne zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien, sei von außen nicht zu beurteilen, sagte Kai Uwe Pritzsche, Partner der Kanzlei Linklaters und Experte für Energierecht.

 

Wenn aber der Vorstand der Meinung sei, dass die Rechtsgrundlage für die Abschaltung der Kraftwerke nicht zutreffend sei, dann könne er gar nicht anders, als dagegen zu klagen und so versuchen, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Die zeitweilige Stilllegung von Kraftwerken führe auf jeden Fall zu Nachteilen für die Stromkonzerne.

Bei Zwangsabschaltung ist Schadenersatz möglich

Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) findet, dass RWE mit der Klage gegen die Abschaltung genau das Richtige getan hat. Denn nur wer klage, könne sich den Anspruch auf Schadenersatz vom Staat sichern, sagte er: "Wer nicht klagt, der bekommt auch nichts." Möglicherweise liege mit der Zwangsabschaltung ein Eingriff in das Aktienrecht und das Eigentumsrecht des Grundgesetzes vor, meint Tüngler.

Wenn der Vorstand nicht klage, dann müssten die Aktionäre prüfen, ob sich das Gremium selbst schadenersatzpflichtig gemacht habe. Deshalb werde die DSW das Verhalten von Eon intensiv untersuchen. Entscheidend sei, ob der Betreiber die Kraftwerke freiwillig abgeschaltet habe oder dazu gezwungen worden ist. Nur im Falle einer Zwangsabschaltung sei ein Schadenersatz möglich. Nach Tünglers Einschätzung bewegen sich die entgangenen Gewinne durch die Zwangspause in der Größenordnung von einer Million Euro pro Tag und Kernkraftwerk. Für jeden abgeschalteten Reaktor kämen so etwa in drei Monaten etwa 90 Millionen Euro zusammen.

Die Klage nicht im Sinne der Mitglieder

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kritisierte dagegen die Klage. Sie sei nicht im Sinne der Mitglieder. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland forderte RWE-Stromkunden auf, den Anbieter zu wechseln. Mit der Klage stelle das Unternehmen seine Gewinninteressen gnadenlos vor die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung, meinen die Umweltschützer.

Die Bundesregierung und die betroffenen Bundesländer hatten nach dem Atomunfall in Japan beschlossen, die sieben ältesten deutschen Meiler für zunächst drei Monate abschalten zu lassen. In dieser Zeit soll ihre Sicherheit neu überprüft und die zuvor verfügte Verlängerung der Laufzeiten ausgesetzt werden. Eon hatte sich schon vor dieser Entscheidung dazu entschlossen, sein ältestes Atomkraftwerk Isar I zu drosseln. Abgeschaltet wurde es aber erst nach der Weisung der zuständigen Behörde. Damit wolle Eon einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über die Kernenergie leisten, hatte der Vorstandschef Johannes Teyssen die Entscheidung begründet. Mit einer sicherheitstechnischen Neubewertung habe das Herunterfahren nichts zu tun.

RWE klagt gegen das Land Hessen

Auch EnBW hatte vor dem Beschluss angekündigt, die Kraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg I freiwillig abschalten zu wollen. RWE hatte dagegen auf die Anordnung der zuständigen Landesbehörden gewartet, bevor mit dem Abschalten begonnen wurde, und klagt nun gegen das Land Hessen. Für eine Betriebseinstellung fehle die rechtliche Maßgabe, schrieb der Konzern als Begründung. Mit dem Schritt wahre RWE die Interessen seiner Aktionäre. Das Unternehmen hatte den Block Biblis A herunterfahren müssen. Es behält sich vor, den Block wieder anzufahren, falls das Land Hessen keine Weisung zur sofortigen Abschaltung des Reaktors erteilt.

Eon glaubt dagegen, dass auch der Verzicht auf eine Klage im Interesse der Aktionäre liegen könne. Das Unternehmen habe ebenfalls große Zweifel an der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung, sagte ein Sprecher. Der Vorstand habe aber beschlossen, nach dem Unfall in Fukushima auf die Politik zuzugehen. Man wolle einer gemeinsamen Lösung nicht mit einer Klage im Weg stehen, sagte der Sprecher.

EnBW teilte gestern mit, die Prüfung des Bescheids sei üblich und nicht gleichzusetzen mit der Prüfung oder Vorbereitung einer Klage.