Atomkraftwerke treiben in Deutschland viele Menschen auf die Barrikaden. In Frankreich ist das anders - ein Pannen-Akw in Fessenheim nahe der Grenze läuft und läuft. Wie lange noch?

Fessenheim - Es ist die perfekte Gelegenheit. Die Überwachungskommission für Frankreichs ältestes Atomkraftwerk trifft sich vor Ort in Fessenheim - also dort, wo das Atomkraftwerk in der Nähe von Freiburg unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg steht. Außerdem ist zum ersten Mal die Bevölkerung eingeladen. Jeder kann in den dorfeigenen Festsaal kommen und die Vertreter von Politik, Atomaufsicht und Betreiber mit Fragen zu Störfällen und der geplanten Schließung konfrontieren. Voilà, die perfekte Bühne für eine Aktion von Atomkraftgegnern.

 

Es ist die perfekte Gelegenheit. Die Überwachungskommission für Frankreichs ältestes Atomkraftwerk trifft sich vor Ort in Fessenheim - also dort, wo das Atomkraftwerk in der Nähe von Freiburg unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg steht. Außerdem ist zum ersten Mal die Bevölkerung eingeladen. Jeder kann in den dorfeigenen Festsaal kommen und die Vertreter von Politik, Atomaufsicht und Betreiber mit Fragen zu Störfällen und der geplanten Schließung konfrontieren. Voilà, die perfekte Bühne für eine Aktion von Atomkraftgegnern.

Der Haken: Fessenheim liegt in Frankreich. Und die Franzosen teilen die Angst der Deutschen vor der Atomkraft nicht. Statt „Atomkraft - Nein, danke“ steht hier „Nein zur Schließung“ auf einem Transparent. Ein paar Dutzend Demonstranten tragen es zum Festsaal. Eine richtige Demo ist das nicht. Da macht der spätere Autokorso nach dem Fußballspiel Italien gegen Spanien mehr her. Die Gendarmerie vor dem Gebäude und die Taschenkontrolle beim Einlass hätte es nicht gebraucht. Viel los ist nicht. Gekommen sind vielleicht 200 Menschen.

Unter den Atomkraft-Gegnern hört man viele deutsche Stimmen. Ihre Ängste: ein Erdbeben, Hochwasser, Terroristen. Man denke nur an die unbekannten Drohnen, die 2014 über das Atomkraftwerk flogen. Ein Alptraum. Den Franzosen geht es um ihren Arbeitsplatz: „Ich bin eine der 2200 geopferten Stellen“, steht auf manchen T-Shirts.

Aus deutscher Perspektive sollte es längst abgeschaltet sein

Aneinander geraten beide Seiten am Montagabend kaum. Die Kulisse bleibt vor allem das, was sie auch ist: ein Dorf. Hellbraune Ziegeldächer, mittendrin ein Kirchturm, rundherum Felder. Gerade mal 2000 Menschen leben hier.

In Fessenheim, dem Dorf, sieht man von Fessenheim, dem Atomkraftwerk, nichts. Die störanfälligen Reaktoren liegen vor den Toren der Stadt am Rhein. Seit 1977. Aus deutscher Perspektive sollten sie längst abgeschaltet sein. Mittlerweile hat auch der französische Präsident, François Hollande, die Schließung versprochen. Geworden ist daraus bisher nichts. Stattdessen berichten die Medien - vor allem in Deutschland - über eine Panne nach der anderen.

Um die soll es auch bei der öffentlichen Sitzung der deutsch-französischen Überwachungskommission gehen, der Lokal- und Regionalpolitiker sowie Umweltorganisationen angehören. Bericht erstatten müssen der Betreiber und die Atomaufsicht. Bevor unangenehme Fragen aufkommen können, wird aber erstmal die Geschichte der Kommission und die Arbeit der Atomaufsicht referiert. Eine Einschläferungstaktik? Nach einer Stunde gehen jedenfalls die ersten.

Die Entscheidung wird zunächst vertagt

Sie verpassen den Image-Film des Betreibers mit Bildern vom Atomkraftwerk im Gegenlicht, zahlreichen Rohren und Kurbeln, glücklichen Mitarbeitern - mit Musik unterlegt. Noch Fragen?

Ja. Eine hätte die Freiburger Lokalpolitikerin Gerda Stuchlik dann doch noch: „Wir sind ausschließlich mit der Frage hergekommen, wird am Donnerstag dieser Antrag gestellt?“ Sie meint den Antrag, der für eine Schließung notwendig ist und der bis Ende des Monats gestellt werden sollte. Fast wäre die Veranstaltung ohne diese doch eigentlich zentrale Frage zu Ende gegangen.

Nun, damit steht sie zumindest im Raum, bleibt jedoch unbeantwortet. „Die Antwort wird es am Donnerstag geben“, kündigt Christophe Marx an, der Generalsekretär der Präfektur für die Region Bas-Rhin. Auf den letzten Drücker also, am Donnerstag ist der 30. Der Ruf einer Frau vor dem Festsaal bleibt damit am Montagabend ein einsamer: „Vive la fermeture!“ - es lebe die Schließung.